21. April 2013

Für ein neues, rot-grünes Versammlungsgesetz



Änderungen für das niedersächsische Versammlungsgesetz

Das aktuelle Versammlungsgesetz Niedersachsens ist repressiv und schränkt die Versammlungsfreiheit unverhältnismäßig ein. Es ist das Erbe schwarz-gelber Zeiten und der dunklen Jahre Uwe Schünemanns. Es sollte wie folgt geändert werden.

Paragraph 3 (3) besagt, dass Uniformierung verboten ist, „die dazu geeignet und bestimmt ist, im Zusammenwirken mit anderen teilnehmenden Personen den Eindruck von Gewaltbereitschaft zu vermitteln“. Dieser Passus ist lächerlich und eine übertriebene Einschränkung, deshalb fordern wir seine Streichung.

In Paragraph 5 (1) wird die Anzeigefrist einer Versammlung angegeben. Wir sind der Meinung, dass es keine Extra-Frist für die Behörden geben sollte. Der erste Satz ist entsprechend zu ändern in: „Wer eine Versammlung unter freiem Himmel durchführen will, hat dies der zuständigen Behörde mit der Bekanntgabe der Versammlung anzuzeigen.”

Absatz (3) des gleichen Artikels regelt die durch die_den Leiter_in herauszugebenden Daten. Aktuell können die persönlichen Daten der Ordner_innen eingefordert werden. Bei der aktuellen Version „der Anzahl und der persönlichen Daten von Ordnerinnen und Ordnern” soll „und der persönlichen Daten von” ersetzt werden durch „der”. (neu: der Anzahl der Ordnerinnen und Ordnern)

Paragraph 8 („Beschränkung, Verbot, Auflösung”) Absatz (1) benutzt den Begriff der öffentlichen Ordnung. Dieser sollte gestrichen werden, da er unkonkret und Sache der Auslegung ist. Der Begriff der „öffentlichen Sicherheit” ist völlig ausreichend.

Das Schutzausrüstungs- (1) und Vermummungsverbot (2) wird in §9 regelt. Beide Absätze werden durch Absatz (3) beschränkt: „Die zuständige Behörde befreit von den Verboten nach den Absätzen 1 und 2, wenn dadurch die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht unmittelbar gefährdet wird.” Diesem Absatz wird nach unserer Meinung zu wenig Beachtung geschenkt, weswegen wir den Paragraphen als ganzes ablehnen; es sollte ganz gestrichen werden. Zum einen sollte es möglich sein, sich in bestimmten Demosituationen nicht nur gegen Zivilist_innen, sondern auch gegen Polizisten zu schützen. In der Auseinandersetzung mit bestimmten gesellschaftlichen Gruppen sollte mensch nicht um die körperliche Unversehrtheit fürchten müssen und viele Beispiele zeigen, dass Gewalt durch die Polizei nicht immer angemessen und gerechtfertigt ist. Zudem sollte auch die anonyme Teilnahme an einer Demonstration möglich sein. Besonders in Regionen, in denen öffentliche Meinungsäußerung zu Diskriminierung und gesellschaftlicher Isolierung führen kann, muss das Auftreten in der Öffentlichkeit ohne Sorge möglich sein.

Unter § 10 (1) wird genehmigt, dass die Versammlungsleiter_innen von Polizei- und Verfassungsschutzbehörden überprüft und ggf. abgelehnt werden dürfen. Diesen Absatz halten wir ebenfalls für unrecht. Erstens da dem Verfassungsschutz u.U. wichtige Daten übermittelt werden und zum anderen die Polizei kein Instrument haben sollte zu entscheiden, wer eine Versammlung leitet und wer nicht. Jeder Mensch der die Versammlung als Mittel zur öffentlichen und politischen Meinungsbildung nutzen möchte, sollte dies auch uneingeschränkt tun können.

Die Absätze (2) und (3) beschäftigen sich mit den Maßnahmen zur Durchsetzung der §§ 3 und 9. Diese müssen entsprechend angepasst werden, dass sie sich nur noch auf § 3 (1-2) beziehen, da der restliche Absatz bzw. Paragraph nicht mehr existiert. Zudem wird auch hier wieder der Begriff der „öffentlichen Ordnung” gebraucht, welcher gestrichen werden sollte.

Die Erlaubnis zu Bild- und Tonübertragungen und -aufzeichnungen in bestimmten Situationen wird in Paragraph 12 geregelt, ebenso ihre Handhabung und Löschung. Wir sind der Meinung, dass die Polizei keinerlei Aufzeichnungen anfertigen sollte. Der Satz „Die Polizei kann eine unübersichtliche Versammlung und ihr Umfeld mittels Bild- und Tonübertragungen offen beobachten, wenn dies zur Abwehr einer von der Versammlung ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist” ist zulässig, muss aber um die Nichtspeicherung der Bild- und Tondaten ergänzt werden. Somit sind von § 12 die Absätze (1, 3-4) zu streichen. Von Absatz (2) bleibt nur der genannte ergänzte Satz.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Möglichkeit der Bild- und Tonübertragungen und -aufzeichnungen sehr großzügig genutzt wird und es mit den Vorgaben zur Löschung nicht sehr genau genommen wird. Dank der weiten Verbreitung von Aufnahmegeräten kann die Bild- und Tonaufzeichnung in die dezentralen Hände der Teilnehmenden und journalistisch Tätigen gegeben werden.

Die genannten Forderungen sollen auch auf die Regelungen für Versammlungen in geschlossenen Räumen (§§ 13-17) Anwendung finden.

Die Paragraphen 18 und 19 legen einen Versammlungssperrbezirk um den Landtag in Hannover. Nach unserer Meinung sollte aber auch hier Protest unter den gleichen Bestimmungen wie anderswo möglich sein, gerade weil sich Proteste oft gegen Entscheidungen aus dem Parlament richten.

Die Artikel 20 und 21 beschäftigen sich mit Straf- und Bußgeldvorschriften. Diese sollen entsprechend der Änderungen des Gesetzes angepasst werden.

Es soll sich nicht strafbar machen, wer:

§ 20 (2) 1. „sich als Leiterin oder Leiter einer Ordnerin oder eines Ordners bedient, die oder der entgegen § 3 Abs. 2 Waffen oder sonstige dort bezeichnete Gegenstände mit sich führt”

§ 20 (2) 2. „öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften, Ton- oder Bildträgern, Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Darstellungen zur Teilnahme an einer Versammlung aufruft, a) deren Durchführung vollziehbar verboten oder deren Auflösung vollziehbar angeordnet ist (§ 8 Abs. 2 und 4, § 14 Abs. 2) oder b) die nach § 18 Abs. 1 Satz 2 verboten ist”

§ 20 (2) 3. „als Leiterin oder Leiter entgegen einem vollziehbaren Verbot oder einer vollziehbaren Auflösung (§ 8 Abs. 2 und 4, § 14 Abs. 2) eine Versammlung durchführt”

Diese sollen nur noch als Ordnungswidrigkeit gelten.

Der_demjenigen sollte kein Bußgeld aufgrund einer Ordnungswidrigkeit drohen, wer:

§ 21 (1) 7. „als Leiterin oder Leiter eine Versammlung unter freiem Himmel wesentlich anders durchführt, als es in der Anzeige aufgrund des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 angegeben ist,

§ 21 (1) 8. „sich als Leiterin oder Leiter einer Ordnerin oder eines Ordners bedient, die oder der entgegen § 7 Abs. 2 Satz 1 keine dort bezeichnete Armbinde trägt,”

§ 21 (1) 9. „an einer Versammlung teilnimmt, a) deren Durchführung vollziehbar verboten ist (§ 8 Abs. 2 und 4, § 14 Abs. 2) oder b) die nach § 18 Abs. 1 Satz 2 verboten ist,”

§ 21 (2) regelt die Höhe der Bußgelder. Er ist entsprechend anzupassen.



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