3. Februar 2021

Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen



Für ein Recht auf körperliche Selbstbestimmung – und ein Ende der Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen

Der Gießener Ärztin Kristina Hänel gegenüber sprach jüngst ein Gericht das Verbot aus, über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren. Schuld für das Urteil ist der noch aus der NS-Zeit stammende § 219a im Strafgesetzbuch. Dieser Paragraph verbietet es Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, etwa auf ihrer Website Informationen über den Schwangerschaftsabbruch zur Verfügung zu stellen. Dieser Paragraph verhindert das Recht auf körperliche Selbstbestimmung von Frauen & Schwangeren.

Es wird Zeit, dass die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen endet – denn Schwangerschaftsabbrüche sollten ganz normaler Teil der Gesundheitsversorgung sein. Deshalb fordern wir politisch:
1. Eine Streichung der Paragraphen 218 und 219a StGB. Schwangerschaftsabbrüche gehören nicht ins Strafrecht.

  1. Alle Städte und Landkreise sollen garantieren, dass es vor Ort medizinische Einrichtungen gibt, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.
  2. Schwangere, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, sollen die anfallenden Kosten nicht selber übernehmen müssen.
  3. Das Thema Schwangerschaftsabbruch soll verstärkt in der medizinischen Lehre vorkommen und dort mehr als nur die rechtlichen Aspekte beinhalten.

Was wir darüber hinaus für ein Gesundheitssystem fordern, das Geschlechterungerechtigkeiten überwindet, kannst Du hier nachlesen.

Ärzt*innen, die selbst Schwangerschaftsabbrüche durchführen, dürfen nicht über Schwangerschaftsabbrüche informieren – wir schon. Deshalb haben diese Seite eingerichtet, auf der wir Informationen zum Schwangerschaftsabbruch zur Verfügung stellen:

Informationen zum Schwangerschaftsabbruch

Hier erfährst du ein paar Basics zu den Methoden und zu der rechtlichen Lage in Sachen Schwangerschaftsabbrüchen.

Das wichtigste zuerst:

  • Du bist schwanger und willst es (vielleicht) nicht mehr sein? – Dann brauchst Du eine unterstützende und respektvolle Gesprächspartner*in. Mit dieser Situation solltest Du nicht allein sein: sprich mit Freund*innen, Deiner Familie oder Partner*in. Eine vertrauliche aber unabhängige Beratung kannst Du auch in einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle in Deinem Ort suchen. Falls Du gern anonym bleiben willst, kannst du auch beim Hilfetelefon: „Schwangere in Not“ anrufen: 0800 40 40 020.
  • Wichtig ist, dass dies Deine Schwangerschaft ist und es dementsprechend auch Deine Entscheidung ist, abzubrechen oder es nicht zu tun. Beratungen können zum Fortsetzen der Schwangerschaft ermutigen, sollten Dich aber auf keinen Fall unter Druck setzen. Und auch andersherum, kann die Beratung Dich darin bestärken, einen Abbruch vorzunehmen; lass diese Entscheidung aber niemanden anders für Dich treffen als Dich selbst! Du musst für dich entscheiden, ob du ein Kind möchtest oder es mindestens austragen willst – oder ob du mit der Entscheidung, jetzt kein Kind auszutragen und/oder zu erziehen, leben kannst. Niemand anderes kann entscheiden, was für dich richtig ist.
  • Wichtig ist, dass Du NICHT versuchst, deine Schwangerschaft selbst zu beenden! Das ist gefährlich und nicht nötig!

Die Methoden

Es gibt zwei medizinische Methoden, wie eine Schwangerschaft abgebrochen werden kann:

  1. Eine kleine OP: Hierfür bekommt Du eine örtliche Betäubung am Muttermund oder auch eine Vollnarkose, wenn Du das möchtest. Während der OP führt Dein*e Ärzt*in einen Sauger in Deine Gebärmutter ein und entfernt so das Schwangerschaftsgewebe durch Absaugen. Das dauert in der Regel nicht länger als 15 Minuten und nach einigen Stunden Erholung kannst Du wieder nach Hause gehen. Innerhalb der nächsten 7-10 Tage kann es zu Blutungen und auch zu leichten Krämpfen kommen. Eine Ausschabung der Gebärmutter mit einem scharfen Löffel wird seit Jahrzehnten nicht mehr empfohlen, denn die  Prozedur dauert  länger und es  besteht  ein  unnötig höheres  Risiko  für Komplikationen.
  2. Medikamentös: Bis zur 9. Schwangerschaftswoche (also 9 Wochen nach der letzten Regelblutung) kann eine Schwangerschaft durch das Einnehmen von Medikamenten vollzogen werden. Dafür musst Du Deinen Arzt oder Deine Ärztin in der Regel dreimal besuchen. Beim ersten Besuch bekommst Du ein Medikament, durch welches die Frucht abstirbt und der Muttermund sich öffnet. Durch ein weiteres Medikament nach etwa zwei Tagen wird das abgestorbene Gewebe durch Kontraktionen der Gebärmutter ausgestoßen. Dieser Vorgang kann in der Praxis oder mit Anweisung zu Hause passieren. Es kann schmerzhaft sein und geht mit Blutungen einher, die zwischen 2 Tagen und wenigen Wochen dauern können. Der letzte Besuch bei deine*r Ärzt*in – ein bis zwei Wochen später – ist dann zur Kontrolle, ob der Schwangerschaftsabbruch erfolgreich war. Wenn Du schweres Asthma, eine Blutgerinnungsstörung, eine Leber- oder Nierenerkrankung oder einen erhöhten Augeninnendruck hast, untergewichtig bist, an einer Porphyrie leidest oder Verdacht auf eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (zum Beispiel Eileiterschwangerschaft) besteht, kann es sein, dass ein medikamentöser Abbruch nicht möglich ist – wichtig ist deshalb, dass Du mit Deine*r Ärzt*in darüber sprichst.

Beide Methoden verlaufen meistens ohne Komplikationen. Über alle Risiken und Nebenwirkungen wirst Du vorher natürlich trotzdem von Deiner Ärzt*in aufgeklärt.

Die rechtliche Lage

In Deutschland ist ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche nach Empfängnis straffrei, wenn du vorher eine Beratung in der staatlichen Schwangerschaftskonflikberatungsstelle in Anspruch genommen hast. Das bedeutet, dass seit der dem ersten Tag der letzten Periode nicht mehr als 14 Wochen verstrichen sein dürfen. Eine Liste mit den staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen in Niedersachsen findest Du hier.

Kosten

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Abbruch nur dann, wenn der Abbruch nach einer Vergewaltigung erfolgt, aus medizinischen Gründen unabdingbar ist oder wenn Du ein geringes Einkommen hast. Für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis 30.06.2021 liegt die Netto-Einkommensgrenze bei 1.258 Euro monatlich. Für jedes unterhaltspflichtige Kind erhöht sich diese Grenze um 298 Euro. Wenn die Kosten für Deine Wohnung höher als 368 Euro liegen, ist eine weitere Aufstockung der Einkommensgrenze um maximal 368 Euro möglich. Wenn Du keine der genannten Kriterien erfüllst, musst Du die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch selbst tragen. Ein medikamentöser Abbruch etwa kostet zwischen 200 und 300 €, ein operativer Abbruch ca. 400 bis 600€.

Wer führt Schwangerschaftsabbrüche durch?

Die Bundesärztekammer führt eine Liste über Praxen und Kliniken, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Diese findest Du hier: hier. 
Achtung: Diese Liste ist nicht vollständig, da nicht alle Praxen und Kliniken wollen, dass im Internet steht, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, da sie Bedrohung und Verfolgung durch Abtreibungsgegner fürchten. Häufig können Dir aber auch die Schwangerschaftskonflikberatungsstellen sagen, welche Ärzt*in in Deiner Nähe einen Schwangerschaftsabbruch durchführt.

Für tiefergehende Informationen, kannst Du sehr gut auf der Website von profamilia weitersuchen. Dort wird umfassend informiert und kann schließlich auch individuell weiterberaten werden. Einen wissenschaftlichen Artikel der Gießener Ärztin Kristina Hänel zum Thema Schwangerschaftsabbruch findet sich hier: hier.



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