Willkommen bei der Igelpost – anlässlich des internationalen Frauen*kampftags heute mit einer queerfeministischen Ausgabe! ✊💜🏳️🌈
Diese Woche:
Gender Pay Gap – Endlich mehr Aufmerksamkeit?! // Feminismus im Klimaschutz – Was hat Gender mit Erderwärmung zu tun? // SPD – Identität, Trigger und Thierse
Gender Pay Gap – Endlich mehr Aufmerksamkeit⁉️💰🏳️🌈
Geld ist eines der Tabuthemen in Deutschland. „Über Geld spricht man nicht“ – kein Wunder also, dass kaum jemand weiß, was die Kolleg*innen eigentlich so verdienen. 💰
Dabei wäre es gerade in Gehaltsverhandlungen wichtig, eine Vergleichsgröße zu haben. Besonders, um Gehaltsunterschiede zwischen Geschlechtern aufzudecken – auch Gender Pay Gap genannt – sind Zahlen über das Gehalt relevant. Kurz vor dem „Equal Pay Day“, in Deutschland am 10. März, hat die Europäische Kommission einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der zu mehr Transparenz führen soll. 📄
Demnach sollen Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen einmal jährlich veröffentlichen, wie groß der Gender Pay Gap ist. In Deutschland beträgt dieser insgesamt derzeit 19,2% – das sind 5,1 Prozentpunkte mehr als der EU Durchschnitt. Bei zu großen Lohnunterschieden müsste das Unternehmen dann mit der Arbeitnehmer*innenvertretung die Ursachen analysieren. Zusätzlich soll es Entschädigungszahlungen für Betroffene geben.
In der Realität wird dies wahrscheinlich eher selten passieren – Diskriminierung aufgrund des Geschlechts lässt sich im Einzelfall sehr schwer nachweisen. Der Lohn sei hierfür kein ausreichendes Kriterium, urteilte das Niedersächsische Landesarbeitsgericht. Trotzdem wäre das Gesetz ein Fortschritt: Erstmals würden die Unternehmen in die Verantwortung gezogen, entsprechende Zahlen und Gründe zu veröffentlichen und zu analysieren. 💬📉
Bisher ist es in Deutschland zwar möglich, Auskunft über das Gehalt von Mitarbeitenden in einer ähnlichen Position zu erhalten. Dass dies aber nur von knapp 2% der Berechtigten genutzt wird, ist nicht weiter verwunderlich. Durch das Gesetz würde endlich mehr Aufmerksamkeit auf ein Thema gelenkt werden, das bisher im Verborgenen geblieben ist. Dabei darf es allerdings nicht bei den Unternehmen mit über 250 Mitarbeitenden bleiben.❗
Zum Weiterlesen…
📰Gesetzesvorschlag der EU-Kommission – Frankfurter Allgemeine
📰Gehalt kein Grund für Diskriminierung – Zeit
📊Gender Pay Gap DE – Statistisches BA
Feminismus im Klimaschutz – Was hat Gender mit Erderwärmung zu tun? 🌾✊🌍
Wenn es um Geschlechtergerechtigkeit geht, ist die Klimakrise nicht das erste Problemfeld, das in den Sinn kommt. Dennoch, oder gerade deswegen, müssen bestehende Verflechtungen stärker beleuchtet werden.
Die traditionelle Rollenverteilung führt gerade in ländlichen Regionen des Globalen Südens zur stärkeren Betroffenheit von Frauen* an den Folgen des Klimawandels. In Dürrezeiten müssen sie zum Beispiel längere Strecken zum Wasserholen zurücklegen.
Im Fall von Naturkatastrophen, die durch die Erderwärmung vermehrt auftreten, sind die Todeszahlen von Frauen* erheblich höher als die von Männern: Das liegt daran, dass Frauen* einen schlechteren Zugang zu Informationskanälen haben, sich um Haushalt und Bedürftige kümmern und somit weniger Möglichkeiten haben, sich in Notsituationen in Sicherheit zu bringen. 🌪
Da Frauen* häufiger von Armut betroffen sind, fehlt es zudem an Ressourcen zum präventiven Schutz vor oder auch zur Nachsorge nach Katastrophen.
Außerdem wird der Zugang zu Bildung Mädchen* in landwirtschaftlich geprägten Gebieten eher verwehrt, da sie im Fall von Ernteausfällen aufgrund von Dürren zu Hause zu helfen. 🌾
Dazu kommt, dass Frauen* seltener in Entscheidungspositionen vertreten sind und ihre gesteigerte Betroffenheit politisch nicht ausreichend wahrgenommen wird.
Es braucht einen intersektionalen Ansatz der Klimagerechtigkeit, der erkennt, dass Menschen je nach Geschlecht, aber auch Wohnort, ethnischer Zugehörigkeit, finanzieller Situation und weiteren Faktoren auf unterschiedliche Weise von der Klimakrise betroffen sind. ✊
Zum Weiterlesen…
📰Feminismus und Klimakrise – FFF Hannover
💬Expertin über Gender und Klimawandel – taz
🌐Intersektionaler Ansatz – ChicksForClimate
SPD – Identität, Trigger und Thierse🎫😖🤦♀️🤦♂️
Während die sozialdemokratische Partei sich im eigens veröffentlichten Entwurf des Wahlprogramms für „gleichberechtigte Teilhabe aller Geschlechter und Identitäten“ einsetzen will, wittert Ex-Bundestagspräsident Thierse meinungseinschränkende Tendenzen. Das löste eine innerparteiliche und generelle Debatte um Identitätspolitiken aus. Aber: Wo liegt das Problem? Gibt es überhaupt eins?
Thierse sieht aktuell ein Problem in auseinanderdriftenden Identitäten, die kein gemeinsames “Wir”, sondern lediglich “Gruppeninteressen” ins Zentrum stellen. So gehe das plurale Zusammenleben verloren. Dem Schwulen- und Lesbenverband (LSVD) wirft er vor, dass dieser ihn in einem neurechten Licht, ergo AfD-nah, darstelle. Für ihn als alten, weißen, heterosexuellen Mann seien aktuell geführte Debatten aufgrund Alter, “Rasse”, Geschlecht und sexueller Orientierung Minenfelder. Er sieht eine Tendenz zur Cancel Culture. Von diesen Ausführungen distanzierten sich Parteichefin Saskia Esken und ihr Vize Kevin Kühnert zunächst infolge von Kritik der LGBTIQ*-Community. Nachdem Thierse seinen Parteiaustritt anbot, ruderte Esken zurück und beschuldigt die Queer-Community, einen Keil zwischen sie und Thierse treiben zu wollen. Anstatt Distanz zu einer Person zu wahren, die “Blackfacing” verteidigt und eine Täter-Opfer-Umkehr betreibt, seien Betroffene schuldig, sich unlauterer Mittel zu bedienen.🤦♂️🤬
Dennoch muss man anerkennen, dass moralisierende Identitätspolitiken real sind. Sie bieten einen Safe Space, heben aber nicht die ungerechte Struktur patriarchaler, rassistischer und kapitalistischer Gesellschaften auf. Auch Vertreter*innen der „Bildungsstätte Anne Frank“, wie Meron Mendel und Saba-Nur Cheema, kritisieren im Band „Trigger Warnung“ identitäre Rückzüge und betonen gleichermaßen, dass es Räume geben muss, in denen sich Betroffene frei von traumatisierenden Diskriminierungserfahrungen bewegen und sich mit diesen ohne Scham alleine oder mit Nicht-Betroffenen zusammen auseinandersetzen können.👌🤝🤩
Eine emanzipatorische Linke muss an der Seite der Betroffenen stehen, mit ihnen gegen rechte Kräfte aufbegehren, muss stets die Aufhebung der ungerechten Verhältnisse zum Ziel haben und nicht ihre Zementierung in neoliberaler Viktimisierung.⛓💥✊
Zum Weiterlesen…
📰SPD-Streit und Kritik an Queer-Community – queer.de