Solidarität mit echter Umverteilung und sozialer
Sicherheit
Die hohe Inflation, steigende Armut und die Angst, den eigenen Wohlstand zu
verlieren, betrifft viele Menschen in Niedersachsen, aber auch in ganz Europa.
Während die Anzahl der Milliardäre in Deutschland und Europa seit Jahrzehnten
steigt und die drei reichsten Niedersachsen ein größeres Vermögen haben als der
jährliche Landeshaushalt, bleibt die soziale Frage ungeklärt. Immer mehr
Menschen, egal ob in Delmenhorst oder in Athen, machen sich Sorgen, am Ende des
Monats nicht mehr über die Runden kommen zu können.
Doch es wäre genug Geld da, um Menschen eine soziale Sicherung zu ermöglichen,
es ist nur falsch verteilt. Einige wenige werden in Europa immer reicher und
Viele schauen in die Röhre.
Weil die soziale Frage weder in Niedersachsen noch in Europa beantwortet wird,
verlagern sich gesellschaftliche Verteilungskonflikte von „unten vs. Oben“ zu
„innen vs. außen“. Diejenigen, die sowieso immer reicher werden, werden nicht
zur Kasse gebeten. Stattdessen soll bei denjenigen, die am wenigsten haben,
gespart werden. Rechte, Konservative, aber auch Liberale verantworten damit eine
gesellschaftliche Stimmung, in der Menschen mit realer Angst vor Armut und
Abstieg gegen Geflüchtete ausgespielt werden.
Die Folge ist, dass Sündenböcke gesucht werden, Rassismus zunimmt und die
gesellschaftliche Grundlage für eine humane Asylpolitik, samt würdevoller
Aufnahme und Integration schwindet. Auf diesem Nährboden erleben wir einen
Migrationsdiskurs, der sich nicht mehr um das individuelle Grundrecht auf Asyl
und ein würdevolles Leben, sondern nur noch um entmenschlichende Debatten rund
um Obergrenzen, Abschiebungen und Grenzschließungen dreht.
Verteilungskämpfe müssen wieder anhand der eigentlichen Unterschiede zwischen
arm und reich geführt werden. Außerdem brauchen Menschen in Zeiten
wirtschaftlicher Krisen und berechtigter Abstiegsängste endlich soziale
Sicherungen – denn nur so können wir der von rechter Sparpolitik angeheizten
Konkurrenz zwischen arm und ärmer endlich ein Ende setzen. Niemand darf mehr
Angst vor unfreiwilliger Arbeitslosigkeit haben, nicht in Niedersachsen und auch
nicht im Rest von Europa.
Migrationsdebatte? Scheinheilig!
Doch stattdessen steht die Behauptung im Mittelpunkt der Debatte, dass
Migrant*innen das Problem wären. Die Auseinandersetzung über Migration zeigt
einmal mehr, wie tief gesellschaftlicher Rassismus und Vorurteile in der
Gesellschaft verankert sind und wie Rechte sich diese zu nutze machen. Während
sich demokratische Parteien von CSU bis zu Teilen der Grünen mit rassistischen
Plänen zur Begrenzung der Migration überbieten, bleiben Verteilungsfragen
ungeklärt. Dabei sind sie der eigentliche Sprengstoff für die Gesellschaft und
stehen einem solidarischen Miteinander im Weg.
Denn wenn Teile der Kommunen über die Mehrbelastung aufgrund von Geflüchteten
klagen, wird eigentlich doch von mangelnden KiTa-Plätzen, zu wenig Möglichkeiten
zur Unterbringung und zu wenig Personal an den Schulen gesprochen. Diese
Probleme sind nicht neu und beschränken sich nicht auf migrierte Personen. Es
ist seit Jahren bekannt, dass soziale Berufe unterfinanziert und Erzieher*innen
ausgebeutet werden. Das führt dazu, dass es mittlerweile zu einer
Herausforderung geworden ist, einen KiTa-Platz zu bekommen. Gleichzeitig klagen
Lehrkräfte schon lange über die schlechte Ausstattung an Schulen, fehlende
Unterstützung von Sozialarbeiter*innen, IT-Fachleuten und Psycholog*innen und
mangelnden Willen Maßnahmen zu ergreifen, mehr Lehrkräfte auszubilden und
Integrationsangebote zu schaffen und zu fördern. Darüber hinaus entwickeln sich
Mieten und Kaufpreise für Immobilien schon lange nicht mehr im Gleichklang zum
Einkommen der Menschen: Heute noch eine bezahlbare Wohnung zu finden ist gerade
im städtischen Raum für Normalverdiener*innen beinahe unmöglich.
Der Kern der Debatte wird verschleiert, wenn mit dem Finger auf Geflüchtete
gezeigt wird, denn die angeblich durch sie verursachten Probleme existierten
schon davor. Sparpolitik und Gier greifen wichtige Bereiche unseres
Zusammenlebens an. Denn Kinderbetreuung und Ausbildung sind teuer und damit
keine Möglichkeit um schnell große Profite zu machen, während man mit teuren
Mieten und Wohungspreisen auch noch den letzten Cent aus den Bürger*innen
herausquetschen kann. Dabei wird zu oft verdrängt, dass all diese Probleme das
Ergebnis von politischem Handeln sind. Das Geld, das es bräuchte, um diese
Probleme zu lösen, ist da. Es liegt auf den Konten der Superreichen und vermehrt
sich dort von selbst, während die Kommunen und die öffentliche Daseinsvorsorge
ausbluten. Doch anstatt diesen Missstand anzuerkennen, fordern rechte
Politiker*innen menschenfeindliche und unterdrückende Maßnahmen, wie einen
Arbeitszwang für Geflüchtete. Dieselben Menschen, die heute diese Forderungen
stellen, verhindern seit Jahren, dass Migrant*innenen früher arbeiten und sich
damit integrieren können.
“Grenzschutz” als Instrument der systematischen
Ausbeutung
Dazu kommen verschärfte Grenzschutzverfahren, lange Wartezeiten bei
Asylanträgen, fehlende Integrations- und Sprachkurse und die Aberkennung von
Qualifikationen, die dafür sorgen, dass schutzsuchende Menschen es schwer haben,
überhaupt arbeiten zu können. Falls es ihnen gelingt, diese Hindernisse zu
überwinden, sind sie oft dazu gezwungen, in schlechten Jobs bei schlechter
Bezahlung zu arbeiten, um über die Runden zu kommen.
In Zeit- und Leiharbeitsfirmen angestellt, müssen sie oftmals unter körperlich
schweren Bedingungen Schichtarbeit nachgehen, können fristlos gekündigt werden
und das alles für einen Lohn, der gerade so zum Überleben reicht. Aus dem
Teufelskreis, welcher aus Bürokratie, Ausgrenzung und zu wenig Geld besteht, ist
es kaum möglich zu entkommen. So werden Geflüchtete in einem Land, das sie kaum
kennen, allein gelassen und ausgebeutet.
Erhalten Geflüchtete keine Arbeitserlaubnis, sehen sie sich gezwungen, illegal
zu arbeiten, um über die Runden zu kommen. Der Rassismus der Behörden, ihnen
aufgrund ihrer Herkunft das Arbeiten zu verbieten, hat hier eine strukturelle
Funktion. Die fehlende Arbeitserlaubnis sorgt für billige Arbeitskräfte, die
illegal und unter Wert ihre Arbeitskraft verkaufen. Illegal Arbeitende haben
keinen rechtlichen Schutz und arbeiten unter prekären Arbeitsbedingungen.
Binnenmarkt? Mehr Schein als Sein!
Im grenzenlosen Europa können Menschen aus europäischen Mitgliedsstaaten frei
reisen, arbeiten und leben. Was immer als großer Gewinn des europäischen
Friedensprojekts verkauft wird, wird in unserer kapitalistischen Gesellschaft
ausgenutzt.
Osteuropäer*innen werden nach Deutschland gelockt, um hier deutschen Spargel
unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen zu ernten. Um den Spargel pünktlich
zur Saison verkaufen zu können, wird 10 Stunden 7 Tage die Woche ohne
Sozialversicherung gearbeitet.
Dabei ist Deutschlands Wirtschaft auf prekäre Arbeit angewiesen. So wurde mit
der Agenda ein riesiger Niedriglohnsektor mit geringen Kosten für
Arbeitgeber*innen geschaffen, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu
steigern. In diese Arbeitsplätze werden jetzt schutzsuchende Menschen vermittelt
und auf ihrem Rücken wird nun der Wohlstand Deutschland ausgetragen. Es zeigt
sich hier einmal mehr die Doppelmoral der Debatte, ist die deutsche Wirtschaft
doch einerseits auf die Arbeit von Migrant*innen angewiesen und wird von ihr
getragen, während auf der anderen Seite gegen sie gehetzt wird. Die
ausbeuterischen Verhältnisse dahinter bleiben unberührt.
Deshalb fordern wir:
Eine europaweite Vermögenssteuer. Während Reiche immer reicher werden, leben
Millionen Menschen in Europa in Armut und Angst um ihre soziale Absicherung. Es
braucht Umverteilung, damit Verteilungsfragen wieder von unten nach oben
gestellt werden und endlich Geld für ein soziales Sicherungssystem da ist.
Konkret fordern wir eine niedersächsische Initiative über den Bundesrat bis zum
Europäischen Rat.
Milliarden für Kommunen. Wir wollen, dass endlich wieder in die Orte investiert
wird, die unsere Regionen lebenswert machen und einen würdigen Umgang mit
Angekommenen ermöglichen. Genügend Geld für Schulen, KiTas, Wohnung und
Integration muss sichergestellt. werden.Europaweit müssen zukunftsfeindliche
Schuldenbremsen abgeschafft werden!
Eine europaweite Jobgarantie, mit der niemand mehr, auch keine
Asylbewerber*innen oder migrierende Personen unfreiwillig arbeitslos werden.
Unfreiwillige Arbeitslosigkeit macht krank, bedeutet gesellschaftliche Isolation
und ein Leben in Armut. Die Angst vor unfreiwilliger Arbeitslosigkeit bedeutet
reale Abstiegsängste. Die Jobgarantie ist ein bedingungsloses Jobangebot und
niemals ein Arbeitszwang für alle unfreiwillig Arbeitslosen in einem Job mit
sozialverträglichen Lohn, der auf das Gemeinwohl ausgerichtet ist. Niedersachsen
muss Vorbild sein und diese mit den Einnahmen aus der Vermögenssteuern
finanzieren.
Den Niedriglohnsektor auszutrocknen, denn dieser sorgt dafür, dass Geflüchtete
Personen überhaupt in prekäre Arbeitsverhältnisse vermittelt werden. Der
Niedriglohnsektor bringt Zeit- und Leiharbeitsfirmen hervor, die dafür sorgen,
dass Menschen von der einen Firma zur nächsten “ausgeliehen” werden, ohne
Aussichten auf eine Festanstellung und einen Lohn, der zum Leben ausreicht. Der
Niedriglohnsektor zementiert Armut und sichert den Wohlstand der Reichen. Ein
erster Schritt kann ein europäischer Mindestlohn von 15€ sein.