Diese Woche:
Christentum als politische Priorität//Bosnien: die innere Grenze der EU//Mütter in der Corona-Krise
Herzlich Willkommen zur letzten Ausgabe der Igelpost im Jahr 2020. Nach einer Winterpause erscheint die nächste Igelpost am 4. Januar!
Chanukka und Weihnachten – Christentum als politische Priorität ???
Vom 10. bis zum 18. Dezember feierten Jüdinnen und Juden auf der ganzen Welt Chanukka. ?
Die Corona-Politik von Bund und Ländern war in den letzten Wochen stark nach Weihnachten ausgerichtet, während die Interessen anderer Religionsgemeinschaften wenig Beachtung fanden. So fand das jüdische Lichterfest im Gegensatz zu Weihnachten ohne Ausnahmeregelungen statt. ❌
Im Vorfeld gab es, wenn auch nicht in der breiten Öffentlichkeit, so doch innerhalb der jüdischen Gemeinschaft, eine Debatte, ob und inwiefern Sonderregelungen für Chanukka gelten sollten.
Einerseits wird hier auf den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz der Religionen verwiesen, nach dem es konsequent wäre, dass an allen Feiertagen die gleichen Lockerungen von Kontaktbeschränkungen gelten. Schließlich macht es für das Virus keinen Unterschied, welcher Religion die sich Treffenden angehören. Ein Kompromissvorschlag wäre hier gewesen, nur für die ersten beiden Tage des Festes Ausnahmen festzulegen, da diese traditionell bedeutsamer sind als die folgenden. ⚖️
Auf der anderen Seite steht das gesundheitliche Risiko, das jede Ausnahmeregelung grundsätzlich birgt und zu vermeiden ist. Auch wird sich auf Pessach bezogen, eins der bedeutendsten jüdischen Feste, das im Frühjahr 2020 im kleinsten Kreis gefeiert wurde. Dies könne als Vorbild für sowohl Weihnachten als auch Chanukka dienen, denn letztendlich gehe es darum, die Infektionszahlen zu reduzieren. Einigkeit herrscht darüber, dass die Ungleichbehandlung religiöser Feiertage und das Treffen politischer Entscheidungen, deren einzige Logik ein christlich-konservatives Ideal ist, zu kritisieren sind.?️
Zum Weiterlesen…
Pro/Contra Lockerungen an Chanukka – Jüdische Allgemeine
Chanukka in der Pandemie – Hessenschau
Bosnien: Die innere Grenze der EU??⛔️?
Es friert, schneit, der Winter ist da, Weihnachten steht vor der Tür und seit Monaten sitzen über 10.000 Schutzsuchende an der nord-bosnischen Grenze fest. Ihr Fluchtweg, die Balkanroute, ist geschlossen und auf menschenwürdige, staatliche Unterbringung können diese Menschen nicht vertrauen. Ganz im Gegenteil, der politische Wille steht ganz im Sinne der Vermeidung vermeintlicher Pull-Faktoren.
Während 7.000 Schutzsuchende in nicht-winterfesten Camps ohne Wasser & Strom, geschweige denn mit angemessener medizinischer Versorgung ausharren und jeden Tag mit der Auflösung ihrer Unterbringung rechnen müssen, leben ca. 3.000 Menschen unter komplett freiem Himmel. Möglicherweise soll das im Sommer geräumte Lager „Bira“ in Bihac wieder genutzt werden. Doch die Stadt wehrt sich mit allen Mitteln: Hilfsorganisationen werden blockiert und es wird Stimmung gegen Migration gemacht. Hilfe lockt angeblich immer mehr Menschen an. Doch damit nicht genug. Das von der „Internationalen Organisation für Migration“ (IOM) betriebene Camp „Lipa“ stand am Freitag kurz vorm Abbau. Samstag dann verschob sich die angekündigte Schließung auf den 21. Dezember. Sollte das Realität werden, bangen 1.000 bis 1.500 Menschen mehr ums Überleben. Die Schutzsuchenden, egal ob mit oder ohne Obdach, sind auf Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz oder Aktivist*innen von „SOS Balkanroute“ angewiesen.Den die staatliche Bereitschaft zu helfen, ist nicht vorhanden, wie an der Kantonsregierung in Una-Sana zu sehen.❄️??
Die Situation in Bosnien & Herzegowina zeigt zweierlei: die migrationsfeindliche EU-Politik der Dublin-Verordnung wirkt sich auch in Nicht-EU-Staaten aus, die sich eine EU-Mitgliedschaft erhoffen, und der Fokus auf Moria muss sich weiten. Niemand darf vergessen werden. Leave no one behind.?
Zum Weiterlesen…
Heimliche Hilfe und der Streit um ein Camp – ARD Wien
Sackgasse Bosnien – Flüchtlingsrat Niedersachsen
Bericht vor Ort – SOS Balkanroute
Frauen in der Corona-Krise ????
Frauen erledigen auch heute noch den Großteil der Care-Arbeit, selbst wenn sie die Hauptverdienerinnen in der Familie sind. Dieses Ungleichgewicht äußert sich in der Doppelbelastung der Frau – also in der Kombination aus unbezahlter Hausarbeit und bezahlter Lohnarbeit. Die Corona-Pandemie forciert diese Doppelbelastung zusätzlich: Geschlossene Kindergärten oder Schulen, ebenso wie abgesperrte Spielplätze resultieren in mehr Care-Arbeit, die wiederum mehrheitlich von Frauen verrichtet wird. ?
Dadurch manifestieren sich antiquierte Vorstellungen von Rollenbildern. Im neuen Bericht der Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung stellen die Autor*innen fest, dass der erneute Lockdown und die damit verbundene Care- und Lohnarbeit im Homeoffice für Frauen eine Steigerung des wöchentlichen Zeitaufwandes von zusätzlich 1,7 Stunden bedeuteten. Für Männer beträgt die Steigerung gerade einmal 0,6 Stunden. ?
Diese Auswirkungen patriarchaler Gesellschaftsstruktur sind ungerecht! Lockdown und Homeoffice treffen Frauen und Mütter deutlich härter. Gleichzeitig werden Konzepte zur Kinderbetreuung in der Krise nicht ausreichend vorangetrieben. Hier mangelt es an politischem Willen und Betroffenenperspektiven in den Parlamenten.
Wozu das im Resultat führt, wie sich die Krise für Mütter anfühlt und was sich politisch ändern muss, hat uns unsere Sprecherin Pippa Schneider in der neuen Folge GRÜNZEUG verraten!
Zum Weiterlesen…
Es ist nicht nur das bisschen Haushalt – Zeit
Corona-Pandemie verfestigt alte Rollenbilder – Zeit
Samtleben u.a. 2020: Expertise für den 3. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung