Die GRÜNE JUGEND Niedersachsen kritisiert die nationalistische Werbekampagne „Schwarz-Rot-Toll“ der REWE-Gruppe scharf und fordert, diese sofort einzustellen.
Die Landesmitgliederversammlung äußert sich dazu wie folgt:
„Die Kritikpunkte an der Kampagne sind vielfältig. Sie stellt die deutsche Geschichte auf grotesk verzerrende Weise dar. Der deutsche Nationalsozialismus von 1933-45 wird ebenso wenig thematisiert wie der industrielle Massenmord der Shoah und der Porajmos (der Genozid an den Sinti und Roma). Genauso wenig der Mord an Kommunist*innen und allen anderen Menschen, die nicht in das nationalsozialistische Menschenbild passten. Aber auch der erste Weltkrieg, die Pogrome von Lichtenhagen und Hoyerswerda sowie die darauf fußenden rassistischen Asylgesetze, Naziterror, Armut und Umwelt- und Naturzerstörung werden nicht ansatzweise thematisiert.
Wir fordern natürlich nicht, dass die Shoah in ein Stickeralbum mit dem Titel „Schwarz-Rot-Toll“ aufgenommen wird, aber wir kritisieren nicht nur die Geschichtsverzerrung der Kampagne, sondern vor allem das Konstrukt der Nation, das in ihr vermittelt wird.
Durch die besonders Kinder ansprechende Kampagne sollen diese schon ganz früh lernen, wie toll „ihre“ Nation ist. Sie werden so mit nationalistischem Gedankengut indoktriniert und lernen, dass es super ist, sich positiv und unkritisch auf die „eigene“ Nation zu beziehen. Schon der gesamte Aufbau der Werbung, ein glücklich lächelndes, weißes,“deutsch-aussehendes“ Kind mit Schäferhund und Gartenzwerg reproduziert eindeutig ausgrenzende Klischees. Schwarze deutsche Kinder können sich damit nicht identifizieren.
Die Kampagne ist ein typisches Beispiel für den sogenannten „Partypatriotismus“. Anhand der Fußball-WM 2006 zeigte der Bielefelder Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer in seiner Studie „Deutsche Zustände“, dass das unkritische Abfeiern von Deutschland, Nationalismus, rassistische Ausgrenzungsmechanismen und Einstellungen fördert.
Damals verursachten Wirtschaftsunternehmen, Medien wie die BILD und weitere Akteur*innen einen patriotischen Hype, mit den Zielen, daraus Kapital zu schlagen, aber auch Nationalstolz wieder hoffähig zu machen. Die Kampagne „Schwarz-Rot-Toll“ ist ähnlich einzuordnen.
Wir lehnen nicht nur Nationalismus mit seinem ausschließlich positiven Bezug auf die Nation und die damit verbundene Identifikation mit dieser ab, sondern auch das Konstrukt der Nation an sich. Die sogenannte Volksgemeinschaft der Deutschen gibt es nicht. Die einzelnen Menschen werden aufgrund herbeigeredeter Gemeinsamkeiten in einen Topf geworfen. Zwar ergibt sich durchaus eine Art Gruppe, jedoch in keinster Weise Homogenität, die gar zur unbedingten Solidarität veranlassen sollte. Über solche „Volkstreue“ wird die kritische Auseinandersetzung mit den sozialen und politischen Vorgängen in Deutschland vernachlässigt und Kritiker*innen und Menschen, die nicht ins „typisch-deutsche“ Bild passen, ausgeschlossen. Einen übersteigerten positiven Bezug lehnen wir vor diesem Hintergrund ab!
Sollte die Kampagne nicht in allen Geschäften der REWE-Gruppe abgebrochen werden, fordert die GRÜNE JUGEND Niedersachsen alle Menschen auf, nicht mehr in den Geschäften der REWE-Gruppe einzukaufen!“