Mit dem Zensus 2011 soll ab dem 09.05. bis zu ein Drittel der Bevölkerung Deutschlands Auskunft über private, teils sogar intime Informationen geben. Die Menschen werden nicht nur aufgefordert, Geburtstag, Herkunftsland und Bildungsgrad, sondern auch Ehen und Scheidungen und Religionsangehörigkeit mitzuteilen. Zusammengeführt und abgeglichen werden die Erhebungen mit diversen vom Staat geführten Datenbanken. Seit über 20 Jahren ist dies die erste allumfassende Volkszählung. Die vorherige Zählung hatte durch massive Proteste die Einführung des Rechts auf informationelle Mitbestimmung zur Folge. Auch diesmal gibt es wieder Anlass zur Kritik. Es entsteht eine riesige zentrale Datenbank mit sensiblen, nicht-anonymisierten Informationen, die das Gebot der Datensparsamkeit und Zweckgebundenheit staatlicher Datensammlung verletzen. Das Schlimmste scheint jedoch die Machtlosigkeit zu sein, mit der mensch diesem Vorhaben gegenüber steht. Es handelt sich um eine Zwangsmaßnahme. Zur Auskunft ausgewählte Menschen müssen Auskunft geben. Wer sich dieser Forderung widersetzt, kann mit Geldstrafen bis hin zum Freiheitsentzug rechnen. Der Zensus 2011, auch wenn es sich um Umsetzung von europäischem Recht handelt, steht in einer Reihe mit Videoüberwachung öffentlichen Raums, Vorratsdatenspeicherung, versuchter Internetzensur, und Ähnlichem. Der Staat dringt ein großes Stück in Bereiche vor, die die informationelle Selbstbestimmung der Menschen verletzen. Wie kann es ernst gemeint sein, dass eine ganze Bevölkerung unter Generalverdacht gestellt wird? Dass versucht wird gleich einem Panoptikum¹ die Bevölkerung durch die Möglichkeit permanenter Überwachung zu ängstlichem Gehorsam zu zwingen? Widerstandsmaßnahmen, wie eine Verfassungsbeschwerde durch den AK Zensus, sind bereits gescheitert, da sie nicht einmal zur Verhandlung angenommen wurde. Auch ist die Manipulierung durch Falschangaben wenig aussichtsreich, da Unstimmigkeiten durch Mehrfachbefragungen ausgemerzt werden sollen. Es sieht also düster aus. Grund zum Schweigen ist das jedoch nicht.
¹ Panoptikum: Von Jeremy Bentham entworfenes Gefängnis, in dem jede_r Insass_in jederzeit beobachtet werden könnte, die_derjenige aber nie weiß, ob dies wirklich der Fall ist.
Weitere Informationen:
zensus11.de/
www.inventati.org/ali/index.php?option=com_content&view=article&id=1871:zensus2011