Keine Tornados nach Afghanistan!

Liebe Grüne Bundestagsfraktion,
wir, die UnterzeichnerInnen, haben zur Kenntnis genommen, dass einige von euch erwägen, der Entsendung deutscher Tornados in den Süden Afghanistans zuzustimmen. Wir sind sicher, dass es ehrenwerte Motive sind, die zu diesen Überlegungen führen.
Wir erkennen an, dass die ISAF-Stabilisierungstruppen gute Arbeit leisten, um die afghanische Regierung bei der Herstellung und Aufrechterhaltung eines sicheren Umfeldes in Afghanistan zu unterstützen und dem Land wieder volle Souveränität in der Sicherheitspolitik garantieren zu können. Entgegen der Meinung der Bundesregierung sehen wir jedoch eine ernst zu nehmende Gefahr in der Entsendung deutscher Tornados, da eine strikte Trennung des Einsatzes der ISAF von der Operation Enduring Freedom nicht gewährleistet werden kann. Wir halten die Gefährdung einer friedlichen Entwicklung in den Krisengebieten für wahrscheinlich und lehnen deshalb jegliche weitere Beteiligung und tiefere Verstrickung in die Kämpfe in Afghanistan ab. Aus unserer Sicht ist eine Teilnahme an der Luftaufklärung mit dem Zweck der Auswahl geeigneter Ziele für ein Bombardement eine direkte Beteiligung an Kampfhandlungen. Wir wollen euch im Folgenden kurz die Gründe für unsere Ablehnung darlegen:

  1. Aus unserer Sicht handelt es sich bei den Kämpfen in Afghanistan nicht um gezielte Bekämpfung von Terroristen oder Kriminellen. Die Auseinandersetzungen ähneln vielmehr einem Bürgerkrieg zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. In diesen Bürgerkrieg kann und darf Deutschland aber nicht militärisch eingreifen. Die Bundesrepublik muss sich aus den Kämpfen heraushalten, weil sonst die Gefahr einer schwerwiegenden, tiefen und lang andauernden Verstrickung in diese Kämpfe droht, die nicht zur Friedensschaffung, sondern im Gegenteil zur weiteren Eskalation beiträgt.
  2. Die afghanische Zentralregierung, die mit den Einsätzen gestärkt werden soll, ist unserer Einschätzung nach keine unterstützenswerte Einheit. In ihr sind zahlreiche Personen vertreten, die schwerer Kriegsverbrechen beschuldigt werden. Außerdem sind einige Minister direkt in den Waffen- und Drogenhandel verstrickt. Diese Regierung ist uns zwar ebenfalls lieber als die Talibanregierung. Aber wir lehnen es ab, für eine Regierung, die zwar das kleinere Übel, aber immer noch ein Übel ist, Kampftruppen zu entsenden.
  3. Bei der Bombardierung durch Kampfflugzeuge, die ja durch die von den Tornados gemachten Bilder vorbereitet werden soll, werden, das haben alle Erfahrungen der gegenwärtigen und vergangenen Kriege gezeigt, immer auch zivile, unbeteiligte Menschen getötet oder verletzt. Wir lehnen es strikt ab, den Verlust weiterer unschuldiger Menschenleben durch deutsche Waffen in Kauf zu nehmen in der vagen Hoffnung, dass sich daraus eine bessere Zukunft für Afghanistan entwickelt.
  4. Das Erstarken der Taliban, das mit den verstärkten Einsätzen bekämpft werden soll, ist unserer Ansicht nach zumindest auch eine Folge der mangelnden Perspektive großer Teile der Bevölkerung. Um zu überleben, sehen viele Menschen momentan keine Alternative zum Mohnanbau. Die korrupte und kriminelle Zentralregierung ist nicht willens oder in der Lage, soziale Sicherheit zu garantieren. Der Einfluss der Taliban kann daher nicht mit militärischen, sondern höchstens mit zivilen Mitteln zurückgedrängt werden.
  5. In diesem Zusammenhang weisen wir auch auf die Kosten in Millionenhöhe hin, die der Einsatz der deutschen Tornadosverursachen würde. Dieses Geld wäre im zivilen Wiederaufbau und in wirtschaftlichen Hilfsprogrammen wesentlich besser und effektiver angelegt.
  6. Außerdem sehen wir, über den konkreten Einsatz hinaus, die Gefahr, dass mit jeder Anwendung militärischer Gewalt die Akzeptanz so genannter gewaltsamer Lösungen ansteigt. Dieser gesellschaftlichen Gewöhnung an den Einsatz militärischer Mittel wollen wir konsequent entgegenwirken.

    Wir sind uns dessen bewusst, dass wir selbst über keine sicheren Konzepte verfügen, um Afghanistan Freiheit, Frieden, Wohlstand und Sicherheit zu bringen. Das frustriert uns. Aber wir sind uns sicher, dass diese Ziele durch Bombardierungen nicht erreicht, sondern, im Gegenteil, gefährdet werden. Deshalb lehnen wir jeglichen Kampfeinsatz deutscher Truppen in Afghanistan ab. Wir bitten euch eindringlich, die Entsendung deutscher Tornados nach Afghanistan im Bundestag abzulehnen.

    junggrüne Grüße

    Landesvorstand der GRÜNEN JUGEND Niedersachsen
    Sprecherin Ann-Morla Meyer
    Sprecher Helge Limburg