Let’s divest!(Englisch: to divest – ablegen, abstoßen); Divestment bedeutet
Desinvestition. Nicht erst seit Fridays for Future ist klar: Wir rasen auf eine
Klimakatastrophe zu. Seit Beginn der industriellen Revolution emittieren wir CO2
und andere Treibhausgase in die Atmosphäre. Die Folgen bekommen wir schon zu
spüren – vor allem an Negativrekorden, die immer offensichtlicher werden. Die
Eisfläche der Arktis hat sich zum Beispiel um die Hälfte reduziert. Wir haben
eines der wichtigsten Ökosysteme, die Arktis, der Erde angegriffen und quasi
weggeschmolzen. Doch das ist nicht das Einzige:
- Die letzten drei Jahrzehnte – jedes für sich war wärmer als jedes
vorangegangene Jahrzehnt.
- Die Permafrostböden in Sibirien – tauen und setzen Methan frei, das die
Klimakrise nochmals verstärkt.
- Inseln gehen unter – Menschen die aufgrund dessen fliehen müssen, werden
mehr.
- Die Ozeane – um 30 % saurer geworden.
- Das westantarktische Eisschild- instabil.
- Gletscher – schmelzen schneller als je zuvor.
Das alles ist nur ein kleiner Ausschnitt der momentanen merkbaren Folgen des
Klimawandels. Studien, unter anderem von der Carbon Tracker Initiative, haben
ergeben, dass wir nur noch ca. 500 Gt an CO2 haben, die wir ausstoßen könnten.
Wenn es mehr werden, steigt die Wahrscheinlichkeit rasant das einzige
international verbindliche politische Ziel, den Klimawandel unter 2 °C zu
halten, nicht mehr erreichen zu können. Wenn wir uns die Reserven der größten
Unternehmen, die mit fossilen Energieträgern Geschäfte machen, anschauen, wirkt
das Ganze sehr fragwürdig: Sie haben in den bis jetzt entdeckten Reserven so
viel Öl, Kohle und Gas, dass wir 5 Mal so viel ausstoßen können, wie wir
sollten. Klimakonferenzen und nationale Politik sollten eigentlich alles dafür
tun diese selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Doch nach dem Zusammenbruch in
Kopenhagen, dem leichten Vertrauensbau in Cancun, der Uneinigkeit von Durban,
der Blockade von Doha und der Übernahme Warschaus durch die fossilen
Klimakiller_innen sind sich viele Umweltorganisationen einig: So wichtig die
Klimakonferenzen auch sind, 2019 in Santiago wird nicht erreicht werden, was
notwendig ist. Eine Einigung in Warschau gab es eigentlich nur unter den zuvor
zutiefst zerstrittenen Nicht-Regierungs-Organisationen. Auf Klimakonferenzen ist
es zu spät für starken Lobbyismus und Einflussnahme auf die Politik. Die Basis
von Protest und Lobbyarbeit muss stärker in den jeweiligen Ländern aufgebaut
werden. Doch auf nationaler Ebene scheinen die bewährten Strategien nicht
schnell genug zu wirken, die fossile Industrie hat massivere Ressourcen als die
Zivilgesellschaft. Wohin das führt sehen wir bei der Novelle des EEG oder der
Prioritätensetzung von Angela Merkel. Anstatt auf den Klimagipfel zu fahren,
nimmt Angela Merkel lieber am Tag der Industrie, der von Exxon, einer der
größten Ölfirmen, gesponsert wird, teil. Das alles zeigt: Die Klimakrise taucht
kaum noch in den Prioritätenlisten auf, obwohl die Probleme drängender werden.
Was bleibt uns also?
Zum einen brauchen wir System- statt Klimawandel. Zum anderen ist es an der Zeit
es direkt mit denen aufzunehmen, die den Großteil der Treibhausgasemissionen
verursachen. Laut einer Studie des „Climate Accountability Institute“ sind 90
Unternehmen für gut zwei Drittel der globalen Emissionen verantwortlich. Dazu
zählen weltbekannte Ölkonzerne wie Exxon Mobil, Chevron, BP und Total. Auch
deutsche Unternehmen sind darunter, etwa RWE mit einem Anteil von 0,5 Prozent
der Gesamtemissionen sowie die RAG mit 0,08 Prozent. Diese Unternehmen haben so
massive Ressourcen, dass es schwer ist als Zivilgesellschaft dagegen anzugehen.
Wir müssen sie also da treffen, wo es für sie am empfindlichsten ist: Ihren
Finanzen. Momentan wächst eine Bewegung heran, die genau das versucht:
Institutionen wie Städte, Universitäten, Firmen oder Banken sollen dazu gebracht
werden ihre Anteile bei fossilen Unternehmen zu verkaufen, ob sie direkt sind
oder in Pensionsfonds liegen. Das Ganze nennt sich Divestment. Es ist nicht nur
aus ethischer Sicht geboten, sondern auch ökonomisch sinnvoll: Wenn mindestens
80 % der fossilen Reserven im Boden bleiben müssen, muss ein großer Teil der
Reserven im Fall der notwendigen politischen Veränderung abgeschrieben werden.
Es wird daher weithin – etwa bei der internationalen Energieagentur,
Ratingagenturen und Banken – davon ausgegangen, dass die Öl-, Gas- und
Kohlekonzerne an der Börse massiv überbewertet sind. Die britische Bank HSBC
geht etwa davon aus, dass 40 bis 60 % des Börsenkapitals von Öl- und Gaskonzerne
auch davon betroffen ist. Dies hat die fossile Industrie bisher aber noch nicht
erkannt und investiert sogar noch Milliardenbeträge, um weitere Reserven zu
erschließen, obwohl klar ist, dass diese nicht gefördert werden dürfen. Es
erscheint geradezu paradox, wenn Versicherungen, Pensionsfonds und öffentliche
Institutionen durch die Investition in fossile Energien die Zerstörung der
Lebensgrundlagen ihrer Kunden in Kauf nehmen, obwohl schon lange bekannt ist,
dass die volkswirtschaftlichen Kosten des Klimawandels um ein Vielfaches höher
wären als die Kosten, die zur Bekämpfung notwendig sind. Es braucht also viel
Druck von der Straße und viel Überzeugungsarbeit, um die weltweite Divestment-
Bewegung zum Erfolg zu führen im Kampf gegen die kurzfristigen wirtschaftlichen
Interessen der Öl-, Gas- und Kohlekonzerne.
Die Ziele der Divestment-Bewegung:
1. Jegliche neue Investitionen von staatlicher Seite, Unternehmen,
Körperschaften öffentlichen Rechts etc. in fossile Brennstoffunternehmen sollen
eingefroren werden.
2. Anteile von staatlicher Seite, Unternehmen, Körperschaften öffentlichen
Rechts, etc. an direkten und indirekten Investments in der fossilen Industrie
sollen innerhalb der nächsten 5 Jahre abgezogen, das heißt desinvestiert,
werden. Dazu gehören Aktien, Mischfonds, Unternehmensanleihen und sonstiges
Kapital das fossile Brennstoffe beinhaltet. Weitere Ziele sind, dass oben
genannte Institutionen
- prüfen und offenlegen, wo und nach welchen Kriterien das Anlagemanagement
erfolgt.
- einen transparenten Leitfaden aus Ausschluss- und Positivkriterien für ihr
Anlagemanagement entwickeln und Investitionen in erneuerbare Energien oder
Energieeffizienz gezielt fördern.
- Sponsor- und Finanzierungsverträge mit der fossilen Brennstoffindustrie
beenden.
- ihre finanziellen Tagesgeschäfte bei einer Bank abwickeln, die keinerlei
Investitionen im Bereich der fossilen Brennstoffe betreibt.
- ihre Rentenfondsmanager*in kontaktieren und den Abzug der Vermögen aus
Fonds, die fossile Brennstoffe beinhalten, einleiten.
Die GRÜNE JUGEND Niedersachsen unterstützt diese Kampagne, die Bewegung und ihre
Ziele. Außerdem befürworten wir, dass Divestment in Universitäten, Städte und
Gemeinden, Banken, Kirchen und viele andere Organisationen hineingetragen wird.
Wir appellieren außerdem an alle Mitglieder und Mandats*trägerinnen sich aktiv
für Divestment einzusetzen.
Konkret fordern wir vom Land Niedersachsen alle Kapitalanlagen aus den fossilen Brennstoffen abzuziehen in Anlehnung an das 2.Ziel der Divestment-Bewegung und so dem Beispiel der Stadt Göttingen zu folgen. Neu-Investitionen in diesen Sektor sollen durch gesetzliche Verankerung ausgeschlossen werden.