Verbindungen und der deutsche Burschentag

Elite, Sexismus, Fremdenfeindlichkeit

von gegenburschentage.blogsport.de
Damals wie heute sind Studentenverbindungen in jeder deutschen Universitätsstadt vorzufinden. Zum Beispiel in Göttingen gibt es circa 50 dieser männerbündischen Vereinigungen, deren Mitglieder ihre Studienzeit hinter den Mauern meist steinener Altbauten verbringen. Auch nach dem Abschluss bleiben Verbindungsstudenten in der Regel ihrer Korporation verpflichtet und sichern sich als Netzwerk „alter Herren“ Spitzenpositionen in Politik und Wirtschaft.
Ungleichheit auf allen Ebenen
Hohe berufliche Positionen, Einfluss und Macht sind Ziele der Erziehung von Verbindungen. So entwickeln sich Seilschaften, über die sich Männer mittels Kontakten zu „Alten Herren“ (berufstätige Verbindungsmitglieder) Positionen in hoch angesehenen und relevanten Bereichen der Gesellschaft verschaffen. Verbindungsstudenten sehen sich in einer besonderen gesellschaftlichen und politischen Rolle. Sie verstehen sich als Elite, „Gestalter“ des gesellschaftlichen Lebens und geistige Vorhut. Dieses elitäre Selbstverständnis gepaart mit den hierarchischen und autoritären internen Strukturen der Verbindungen beruht auf Ungleichheitsvorstellungen.
Passend zu diesem rechten Weltbild besticht die DB darüber hinaus mit äußerst reaktionären Vorstellungen, was das Geschlechterverhältnis angeht. Frauen haben in den Männerbünden außer als „schmückendes Beiwerk“ nichts verloren. Schließlich seien sie nicht für die harten Ansprüche der Öffentlichkeit und ihrer Gestaltung im nationalen Sinne geschaffen. Ihre Aufgabe bestehe außerdem darin sich um den Nachwuchs der „deutschen Nation“ zu kümmern. Wer dem Geschlechterdualismus und der Heteronormativität nicht entspricht, bzw. nicht entsprechen will, hat bei den Burschen einen schweren Stand. Alternativkonzepte jenseits der vermeintlich „natürlichen“ Ordnung werden nicht akzeptiert. Als Männerbünde stehen Burschenschaften in einer Tradition, die sowohl vermeintlich weibliche Regungen als auch Schwule unter ihren Mitgliedern nicht duldet. Ihrer Vorstellung zufolge ist die Sexualität rein natürlich und solle als solche nur zwischen Männern und Frauen vorherrschen. Männerbünde begreifen sich als „zivilisatorischer Motor“ der Gesellschaft. Ihren Vorstellungen zufolge können sie diesem „Auftrag“ nur gerecht werden, wenn dieser nicht durch ausgelebte Homoerotik und Homosexualität gefährdet wird. Demnach sind Burschenschaften schwulen- und lesbenfeindliche Organisationen.
Die Nazis und ihre guten Freunde im Rest der Gesellschaft
Der Opfermythos des „deutschen Volkes“ ist nicht erst seit Guido Knopps Geschichtsklitterei im ZDF ein Dauerbrenner. Somit stehen die zu „Alten Herren“ herangewachsenen Burschen mit ihrem rechten Weltbild nicht alleine da. Das „Gedenken“ in Dresden und die Debatte um die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ sind nur einige Beispiele. Menschenverachtende Einstellungen sind fester Bestandteil der hiesigen Gesellschaft. Ob nun die Sarrazin-Debatte, die von Westerwelle losgetretene Diskussion zu Sozialschmarotzern, rassistische Stereotype oder die Überschneidung von reaktionären heteronormativen Geschlechtervorstellungen und allgemeiner Familienpolitik – es zeigt sich deutlich, dass die DB-Männer zwar äußerst folkloristisch, aber keineswegs vereinzelt oder gar ausgegrenzt daher kommen. Vielmehr passen sie wunderbar in diese Gesellschaft und speisen sich aus ihr.
Die Nazis von der Deutschen Burschenschaft
Die DB vereint jene Studentenverbindungen unter ihrem Dach, die offen nazistische Positionen vertreten. Schon vor dem Nationalsozialismus fanden sich in der DB die Bünde zusammen, die dann auch mit ihrem völkischen Nationalismus, Antifeminismus und glühenden Antisemitismus zu den stärksten Unterstützern der NSDAP gehörten. Die inhaltliche Übereinstimmung war schon im Vorfeld durch Beschlüsse der DB wie dem „Arierparagraphen“ aus dem Jahr 1920 gegeben. Dieser beinhaltete nur noch „deutsche Studenten arischer Abstammung, die sich offen zum Deutschtum bekennen“ aufzunehmen. Konflikte zwischen dem Nationalsozialistischen deutschen Studentenbund und den Korporierten, die heute gern als „Widerstand“ verkauft werden, drehten sich lediglich um die Führungsansprüche; inhaltlich war man sich einig. In guter Tradition finden sich heute in der DB all jene Bünde wieder, die HolocaustleugnerInnen, GeschichtsrevisionistInnen und AbtreibungsgegnerInnen auf ihre Häuser einladen, Neonazikader und NPD-Abgeordnete stellen. Ihr nationalistisches Deutschlandbild beruft sich auf ein „deutsches Volk“ mit gemeinsamen kulturellen und geistigen Werten, dessen kollektive Basis die deutsche Volksabstammung sein soll. Es werden nur Männer dieser Abstammung in die DB aufgenommen, die durch das Leisten des Kriegsdienstes bewiesen haben müssen ihr „Vaterland“ verteidigen zu können. „Ehre – Freiheit – Vaterland“ ist der Wahlspruch unter den Männern der sich als explizit politisch verstehenden DB, die ihr rechtes Weltbild in der Gesellschaft verbreiten wollen: unter dem Stichwort „deutsche Teileinheit“ (DB) wird hierbei den heutigen Grenzen der BRD die Anerkennung versagt und sich positiv auf die Grenzen vor 1945 bezogen. Migrant_innen und alles „Fremde“ werden mit rassistischer Hetze bedacht und das „deutsche Volk“ als Schicksalsgemeinschaft der Opfer alliierter Gräueltaten inszeniert!
Männerbünde auflösen – die Restscheiße angehen
Aus diesem Grund gilt es dem Burschentag der DB in Eisenach exemplarisch für den gesamten gesellschaftlichen Zustand etwas entgegen zu setzen. Mit der Mobilisierung wollen wir an vergangene Proteste anknüpfen und diese neu beleben. Der Burschentag in Eisenach ist ein Paradebeispiel dafür wie sich rechte Inhalte und Strukturen problemlos in die Gesellschaft einfügen: Kaum wer stört sich in Eisenach an dem Burschentag, vielmehr stellt er eine nicht zu verachtende ökonomische Ressource dar; fast alle verdienen am Burschentag. Dann ist es auch egal, dass sich die selbsternannte akademische Elite der völkischen Rechten einfindet. Dies werden wir nicht unkommentiert stehen lassen. Darüber hinaus wollen wir ein klares Zeichen gegen den rechten Konsens dieser Gesellschaft setzen. Reaktionäre Einstellungen sind an jeder Ecke anzutreffen. Deshalb darf sich der Protest nicht mit der Kampagne gegen den Burschentag in Eisenach erschöpfen, sondern muss stets auf eine emanzipatorische Gesellschaftskritik ausgerichtet sein.