Dem alltäglichen Rassismus offensiv entgegen treten!

Im Juni 2009 besuchte der Sonderberichterstatter zu Rassismus der Vereinten Nationen Githu Muigai Deutschland und bemängelte bei Politik und Gesellschaft Defizite im Kampf gegen den Alltagsrassismus. So werde in Deutschland immer noch Rassismus mit Rechtsextremismus gleichgesetzt und damit nicht ausreichend wahrgenommen.
Viele Menschen denken bei den Worten „Rassismus“ und „Vorurteile“ sofort an Rechtsextremismus und Neonazis. Doch Nazis und ihre Gewalt bilden nur die Spitze des Eisbergs eines alltäglichen Rassismus. Nazis sind das eine Problem, dass wir als GRÜNE JUGEND Niedersachsen (GJN) offensiv bekämpfen. Ein anderes ist der Alltagsrassismus und der institutionelle Rassismus in Deutschland. Die GJN versteht sich als anti-rassistische Organisation. Das heißt nicht nur, dass wir uns offensiv Nazis entgegenstellen und Nazi-Aufmärsche blockieren, sondern auch, dass wir unsere eigenen Vorurteile und Stereotype reflektieren und bekämpfen.
Rassismus fängt da an, wo Schwarze ständig und generell als „Afrikaner“ bezeichnet werden und hat noch lange nicht sein Ende, wenn People of Color an Bahnhöfen oftmals als Einzige in die Personenkontrollen der Polizei geraten. Politik kann die Jahrzehnte lange Prägung in einer weißen Mehrheitsgesellschaft nicht einfach weg beschließen. Sie kann aber sehr wohl Strukturen schaffen, in denen sich rassistische Bilder schwerer in den Köpfen der Menschen vermehren. In diesem Sinne verstehen wir folgende Forderungen.
Wir fordern, dass Rassismus künftig beim Namen genannt und aktiv bekämpft wird!
ENAR, das Europäische Netzwerk gegen Rassismus, hat in seinem Schattenbericht zu Rassismus in den Mitgliedstaaten der EU zu Deutschland festgestellt: „Deutschland erhält viel Lob für die gute Datensammlung im Bereich rechtsextremer Gruppen, Volksverhetzung und verfassungsfeindlichen Bestrebungen, aber rassistische Akte von nicht Nicht-Extremen werden kaum erfasst.“ Die GRÜNE JUGEND Niedersachsen schließt sich der Forderung von ENAR an, eine unabhängige Stelle zur Überwachung rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Bewegungen und Entwicklungen in Deutschland einzurichten.
Wir fordern Diversity bei der Polizei, in Medien und in Bildungseinrichtungen!
Diversity ist ein Ausdruck, der die Zusammensetzung einer Gesellschaft beschreibt, die „nicht homogen“ ist – wenn also Homo- und Heterosexuelle, Frauen und Männer, People of Color und Weiße möglichst gleichberechtigt vorhanden sind. Das Wort „divers“ auf Menschen bezüglich ihres Aussehens, des Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung anzuwenden, ist zwar bereits ungenau, da all diese Faktoren ja eigentlich wenig darüber sagen, ob diese Menschen wirklich „unterschiedlich“ sind. Das Konzept ist trotzdem richtig und wichtig. Schwarze teilen, im Gegensatz zu Weißen in der weißen Mehrheitsgesellschaft, zumindest den gemeinsamen Erfahrungswert des alltäglich erlebten Rassismus. WissenschaftlerInnen, wie Wilhelm Heitmeyer vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung in Bielefeld betonen, dass „von homogenen Gruppen weit mehr Gefahr ausgeht, als von heterogenen Gruppen. (vgl. Noah Sow in „Deutschland Schwarz Weiß“)
Um Institutionen vor diesen Mechanismen zu schützen, fordert die GRÜNE JUGEND Niedersachsen Polizei, Bildungseinrichtungen, Medien und andere Unternehmen dazu auf, bei ihrer Personal-Auswahl Diversity-Konzepte zu berücksichtigen. Diversity allein schützt aber noch nicht vor institutionellem Rassismus. Wir fordern deshalb regelmäßiges, verpflichtendes Antirassismus- Training für Polizistinnen und Polizisten, sowie für Lehrerinnen und Lehrer.
Wir fordern den Einsatz eines antirassistischen Medienrates!
Medien haben eine besondere Verantwortung. In der von Medien benutzten Sprache sowie produzierten Bildern werden Vorurteile und Stereotype einer Gesellschaft manifestiert. Wir fordern den Einsatz eines unabhängigen, antirassistischen Medienrates, der Leitlinien einer antirassistischen Berichterstattung erarbeitet und JournalistInnen auf stereotype, rassistische Berichterstattung aufmerksam macht.
Wir fordern das sofortige Verbot von Racial Profiling in Deutschland!
Racial Profiling nennt man die polizeiliche Fahndungstechnik, die der Polizei erlaubt, „verdachtsunabhängige Personenkontrollen“ durchzuführen. Jeder kennt die Szenen, in denen am Hauptbahnhof Schwarze ins Visier der Polizei geraten, während Weiße, die ja ebenso VerbrecherInnen aus dem In- und Ausland sein könnten, in der Regel unbehelligt bleiben. In vielen Länder der Welt wurde Racial Profiling inzwischen abgeschafft. In Deutschland jedoch werden mit dieser Technik weiterhin für nicht-weiße Personen grundsätzliche BürgerInnenrechte eingeschränkt. Wir fordern das sofortige Verbot von Racial Profiling in Deutschland und überall.
Wir fangen bei uns selbst an:
Für mehr Diversity in der GRÜNEN JUGEND Niedersachsen und regelmäßige Bildungsarbeit gegen Rassismus
Die GRÜNEN JUGEND Niedersachsen hat als politischer Jugendverband eine besondere Verantwortung bei der Bekämpfung von Rassismus. Bei zukünftigen Kampagnen zur Mitglieder- Werbung sollen Konzepte zur Förderung von Diversity mitgedacht werden. Hier können wir auch von den Erfahrungen der niedersächsischen Grünen profitieren, die auf Initiative von Filiz Polat schon seit drei Jahren eine Diversity-Kampagne durchführen. Als GRÜNE JUGEND Niedersachsen wollen wir regelmäßige Antirassismus-Trainings und dauerhafte Bildungsarbeit zum Thema „Alltäglicher Rassismus“ durchführen. Wir stellen uns offensiv der Aufgabe, eigene Vorurteile und Stereotype zu reflektieren und zu bekämpfen.