Dumm, brutal und national – Nazis in Niedersachsen

Flyer der GRÜNEN JUGEND Niedersachsen über Nazis, Rassismus und Antisemitismus. Ein Text von Sven-Christian Kindler.

Neues Outfit – Alte Hetze
Wie sehen heutige junge Nazis aus? Springerstiefel, Glatze, Bomberjacke? Ja, so laufen viele noch rum. Nicht wenige Nazis tragen mittlerweile aber auch Che-Guevara-T-Shirts und schwarze Kapuzenpullis. Auch das Palituch wird bei ihren Aufmärschen demonstrativ um den Hals gewickelt, um ihren Hass auf Israel zu verdeutlichen. Inhaltlich versucht die Nazi-Szene scheinbar neue Themen zu besetzen: So behaupten sie öffentlich gegen Globalisierung und Kapitalismus zu sein und verpacken dies in ihrem rassistischen und antisemitischen Weltbild. Doch trotz des neuen Outfits und neuer inhaltlicher Strategien der Nazis: Ihr Gedankengut ist immer noch menschenverachtend und von vorgestern.
Nazis in Niedersachsen
Mit 630 Mitgliedern ist die NPD die aktivste Nazi-Partei in Niedersachsen. In der Öffentlichkeit ist die NPD um ein bürgernahes und politikfähiges Auftreten bemüht. In Wirklichkeit agieren die Vertreter der NPD in den wenigen kommunalen Parlamenten, in denen sie vertreten sind, meistens dilettantisch und zeigen wenig Interesse an sachorientierter Politik. Dafür sitzen in ihren Führungsgremien verurteilte Gewaltverbrecher, wie z. B. der Dörverdener Gemeinderat Daniel Fürstenberg, der bei einem NPD-Stand einem 17-jährigen Mädchen brutal ins Gesicht schlug.
Trotz gelegentlicher Differenzen kooperiert die NPD immer häufiger mit den völkischen freien Kameradschaften (FK). Einerseits möchten die FK sich durch Müllsammelaktionen oder Teilnahme an Sportfesten ein biederes Image zulegen. Andererseits versuchen sie Jugendliche mit Angeboten wie Rechtsrockkonzerten, Kneipenabenden, Nazi-Aufmärschen oder modernen Internetaktivitäten zu ködern. Dabei verbreiten sie ihre rassistische und antisemitische Hetze und werden häufig aggressiv und gewalttätig. 2006 stieg die Zahl rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten auf 138 Fälle an!
Völkischer Pseudo-Sozialismus
Ideologisch verfolgen die Neonazis das rassistische Konzept eines völkisch nationalen Pseudo-Sozialismus, in der die „rassisch reine Volksgemeinschaft“ im Mittelpunkt steht. Demokratische Wahlen, freie Gewerkschaften und unabhängige Medien würden in ihrem Staat verboten werden. Ziel ist die Errichtung einer faschistischen Terror- und Willkürherrschaft. Alle die nicht zur Volksgemeinschaft gehören, wie Andersdenkende, DemokratInnen, GewerkschaftlerInnen, Menschen mit Migrationshintergrund, JüdInnen, selbstbewusste Frauen, Homosexuelle oder Menschen mit Behinderung, würden eingesperrt, gewaltsam abgeschoben oder ermordet werden. Die individuelle unantastbare Würde jedes einzelnen Menschen lehnen Nazis konsequent ab. Ihre menschenverachtende Parole lautet: Du bist nix! Dein Volk ist alles! Immer wieder zeigen NPD und FK auch öffentlich ihre große inhaltliche Nähe zum Nationalsozialismus und ihr revisionistisches Geschichtsbild, wenn sie Auschwitz leugnen oder deutsche Massenmörder als Opfer umfunktionieren wollen.
Gesellschaftliche Menschenfeindlichkeit ächten
Menschenfeindliche Einstellungen treten jedoch nicht nur bei Nazis auf, sondern lassen sich auch in der so genannten „Mitte“ der Gesellschaft feststellen. Nach der Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ des Gewalt- und Konfliktforschers Wilhelm Heitmeyer stimmten 2007 mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung der fremdenfeindlichen These zu: „Es leben zu viele Ausländer in Deutschland.“ Knapp ein Drittel fand es eklig, wenn sich Homosexuelle in der Öffentlichkeit küssen. Dem klassischen antisemitischen Vorurteil: „Juden haben in der Welt zu viel Einfluss“ stimmten 2006 nach einer Studie der Amadeu Antonio Stiftung rund 33 % zu.
Geflüchtet und eingesperrt
Besonders deutlich wird die gesellschaftlich größtenteils akzeptierte Fremdenfeindlichkeit im Umgang mit AsylbewerberInnen und Flüchtlingen. Diese schutzbedürftigen Menschen, die wegen Folter, Hunger, Bürgerkrieg oder Mord ihr zu Hause verlassen mussten, werden hier in Niedersachsen in Lager und Gefängnissen eingesperrt. Sie bekommen kaum eine Möglichkeit zu arbeiten, werden wie VerbrecherInnen behandelt und müssen in bitterster Armut leben. Viele warten jahrelang auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag mit der täglichen Angst, abgeschoben zu werden. Immer wieder werden auch Menschen in Länder abgeschoben, in denen ihnen Folter und Ermordung drohen.

Mach was gegen Rassismus und Antisemitismus!

Courage zeigen!
Schau nicht weg, wenn Homosexuelle beschimpft oder MigrantInnen angepöbelt werden. Schreite – wenn möglich – friedlich ein und versuche andere Personen auf die Situation aufmerksam zu machen. Du kannst auch die Polizei rufen. Gewalttätigkeiten und Beleidigungen, aber auch das Zeigen des Hitlergrußes oder die Leugnung von Auschwitz sind strafbar und gehören angezeigt.
Mach den Mund auf!
In der Kneipe regt sich jemand über „die Ausländer“ oder „die Juden“ auf. Ob am Stammtisch, im Supermarkt oder deinem Freundeskreis: Rassistische und antisemitische Äußerungen können dir überall begegnen. Schweigen oder verharmlosen ist keine Lösung. Mach den Mund auf und widersprich – ruhig, aber bestimmt – menschenfeindlichen Stammtisch-Parolen.
Geh auf die Straße!
Nazis wollen in deiner Nähe aufmarschieren? Das musst du dir nicht gefallen lassen. Du kannst mit deiner Anwesenheit und deiner lauten Stimme auf der Gegendemo oder durch die gewaltfreie Blockade der Nazi-Route ein deutliches Zeichen gegen ihre menschenverachtende Hetze setzen!
Starte was bei dir vor Ort!
In Schulen, der Uni, der Gewerkschaft, Parteien oder freien Verbänden existieren oft Arbeitskreise, die sich gegen Nazis einsetzen. Wenn nicht, gründe selbst zusammen mit ein paar FreundInnen deine eigene kleine Antirassismusgruppe. Alle nötigen Infos findest du auf den hier im Flyer angegebenen Internetadressen:

www.schule-ohne-rassismus.org
Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (SOR-SMC) ist ein bundesweites Projekt von und für SchülerInnen, die gegen alle Formen von Diskriminierung, insbesondere Rassismus, aktiv vorgehen und einen Beitrag zu einer gewaltfreien und demokratischen Gesellschaft leisten wollen. Um den Titel erlangen zu können, müssen sich 70 % aller direkten Angehörigen der Schule per Unterschrift verpflichten, ihren Beitrag zu einer diskriminierungsfreien Schule zu leisten. Darüber hinaus muss es mindestens einmal im Jahr an der Schule ein Projekt geben, das sich mit dem Thema auseinandersetzt. Die Idee stammt aus Belgien und hat sich über ganz Europa ausgebreitet.

www.mut-gegen-rechte-gewalt.de
Mut gegen rechte Gewalt – Die Internetplattform gegen Rechtsextremismus des Magazins Stern

www.lautgegennazis.de
Kampagne von prominenten KünstlerInnen, die sich gegen rechte Gewalt und für mehr Zivilcourage einsetzt.

www.apabiz.de
Das antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin e.V.

www.npd-blog.info
Eine kritische Dokumentation über die rechtsextreme NPD und deren Umfeld

www.hagalil.com
Aktuelle Meldungen über Rechtsextremismus und Antisemitismus

www.amadeu-antonio-stiftung.de
Die Stiftung leistet Aufklärungsarbeit und bietet finanzielle Förderung für Gruppen und Einzelpersonen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren.

de.indymedia.org
Unabhängiges Mediennetzwerk mit vielen Infos zu antifaschistischen und antirassistischen Themen und Aktivitäten.

Impressum: GRÜNE JUGEND Niedersachsen, Odeonstraße 4, 30159 Hannover Tel.: 0511 / 126085 -77 Fax.: -70 Text: Sven-Christian Kindler V.i.S.d.P.: Sven-Christian Kindler Layout: Das Modul Druck: Pachnicke Druck Fotos: „Stacheln gegen Rechts“ von Christoph Müller, Lizenz: Creative Commons Attribution-Noncommercial 3.0 Unported; …….