Für ein neues Arbeitsverhältnis
Vom 12.-14. Mai findet in Jena der Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND zum Thema Soziale Gerechtigkeit statt. IGEL-Koordinator Janko Marklein und der Schatzmeister der GRÜNEN JUGEND Niedersachsen (GJN) Sven-Christian Kindler setzen sich mit einem Antrag für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein. Der Landesvorstand der GJN begrüßt und unterstützt dieses Vorhaben ausdrücklich.
Antragsteller: Sven-Christian Kindler, Janko Marklein
Unterstützer: Landesvorstand GRÜNE JUGEND Niedersachsen
Die GRÜNE JUGEND Mitgliederversammlung möge beschließen:
Für ein neues Arbeitsverhältnis
In der politischen Diskussion wird über die gesamte Parteinlandschaft hinweg immer wieder der Ruf nach mehr Erwerbsarbeit laut. Doch bisher hat es keine Regierung geschafft, die Arbeitslosigkeit langfristig effektiv zu senken. Die GRÜNE JUGEND sieht zwar Möglichkeiten die Arbeitslosigkeit durch mehr öffentliche Beschäftigung, eine ökologische Modernisierung oder neue Arbeitsplätze durch Forschung und Innovation im moderaten Umfang zu senken. Jedoch sind wir der Ansicht, dass dauerhaft Vollbeschäftigung als Ziel in einer hoch entwickelten Volkswirtschaft nicht erreicht werden kann und dies auch für die Zukunft des Sozialstaates durchaus positiv zu bewerten ist.
Durch die fortschreitende Technologisierung ist es den Unternehmen heute möglich, mit immer weniger Arbeitskräften immer mehr zu produzieren. Die Folgen sind Rationalisierung und Massenentlassungen. Trotz steigendem Wachstum und Wohlstand ist die Zahl der Arbeitslosen seit der Entstehung der Bundesrepublik Deutschland deutlich gestiegen. Die Arbeitskraft des Menschen wird immer seltener gebraucht.
Die GRÜNE JUGEND will diese Entwicklung als Chance begreifen. Die Wirtschaft hat nicht die Aufgabe Arbeitsplätze zu schaffen, sondern soll vielmehr die Menschen von unnötiger und eintöniger Erwerbsarbeit befreien. Wir müssen endgültig von der Illusion der Vollbeschäftigung abrücken und stattdessen neue zukunftsfähige Alternativen aufzeigen.
Den Sockel dieses Grundeinkommens bilden folgende vier Eigenschaften:
1. Das Grundeinkommen steht allen BürgerInnnen individuell und garantiert zu.
2. Die Höhe des Grundeinkommens muss gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Nach unserer Auffassung muss ein Grundeinkommen deswegen auf jeden Fall überhalb der Armutsgrenze liegen.
3. Für das Grundeinkommen gibt es keine Bedürftigkeitsprüfung.
4. Das Grundeinkommen verpflichtet weder zur Arbeit, noch zu anderen Tätigkeiten. Weitere Einkommen sind anrechnungsfrei möglich.
Menschen wollen arbeiten
Wir sind überzeugt, dass Menschen arbeiten wollen, wenn ihnen dazu die Möglichkeit gegeben wird. Durch das bedingungslose Grundeinkommen hat jede Person wieder das Recht auf eine freie Arbeitswahl. Wenn sich die Menschen ihre Erwerbsarbeit wieder frei wählen, werden sie motivierter und somit wirtschaftlicher arbeiten. Es können menschliche Potenziale erschlossen werden, welche bisher oft unterdrückt wurden.
Es ist beispielsweise zu erwarten, dass ehrenamtliches Engagement wieder steigt und soziale Tätigkeiten wieder an Anreiz gewinnen. Bereits heute sind mehr als ein Drittel der BürgerInnen in Deutschland trotz längerer Arbeitszeiten und beruflichen Stress ehrenamtlich aktiv. Diese Zahl dürfte deutlich steigen, wenn die Menschen mehr Zeit für soziale und kulturelle Aktivitäten hätten.
Der häufig polemisch geäußerten Kritik am bedingungslosen Grundeinkommen ohne einen Arbeitszwang würde unangenehme Arbeiten nicht verrichtet werden, treten wir offensiv entgegen. Denn es gibt für diese Formen der Arbeit mehrere Möglichkeiten zur Lösung dieses Problems, wie eine weitere Automatisierung, eine höhere Entlohnung oder gesellschaftliche Rotationsmodelle.
JedeR hat ein Recht auf Einkommen
JedeR StaatbürgerIn hat einen individuellen Rechtsanspruch auf das Grundeinkommen. Für Kinder ist eine Staffelung des Grundeinkommens vorgesehen, dessen Betrag über dem jetzigen Kindergeld liegt, ab der Geburt entsprechend den Bedürfnissen stetig steigt, und bei Vollendung des 18. Lebensjahrs den Normalsatz erreicht.
Menschen ausländischer StaatsbürgerInnenschaft, die lange Zeit in Deutschland leben, erhalten ebenfalls ein garantiertes Grundeinkommen.
Durch die individuelle Auszahlung des BGE kann die Ausgrenzung der Arbeitslosen verhindert werden. Niemand muss sich mehr den oft erniedrigenden Bedürftigkeitsprüfungen unterwerfen und durch die garantierte finanziell gesicherte Existenz bleibt die Partizipation in der Gesellschaft möglich.
Mehr Macht für die ArbeitnehmerInnen
Die Position von ArbeitnehmerInnen würde durch das Grundeinkommen deutlich gestärkt werden. Künftig werden sie freiwillig und nicht aufgrund ökonomischer Zwänge eine Arbeit annehmen und ausführen. Somit müssen sich die Unternehmen bemühen, interessante und attraktive Arbeitsverhältnisse anzubieten, da ArbeitnehmerInnen eher bereit wären den Arbeitsplatz zu wechseln. Folglich wird die Entfremdung und Sinnlosigkeit der Erwerbsarbeit abnehmen, während erfüllende und sinnstiftende Tätigkeiten zukünftig im Mittelpunkt der Arbeit stehen werden. So wären die Arbeitenden motivierter und leistungsfähiger, was wiederum eine höhere Produktivität zu Folge hätte.
Unternehmen sollen produzieren
Eine grundlegende Paradoxie im kapitalistischen System kann durch das BGE endlich aufgelöst werden: Die Wirtschaft kann sich wieder auf die Produktivität und die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen konzentrieren und braucht keine Rücksicht auf die Arbeitsplatzsituation zu nehmen. Jenseits öffentlicher Diffamierung und befreit von der sozialen Verantwortung Arbeit anzubieten, können Rationalisierungsmaßnahmen offensiv genutzt werden und somit Wohlfahrtsgewinne erzielt werden.
Unternehmensgründungen werden erleichtert, da Selbstständige im Gegensatz zu heute ein staatlich garantiertes Existenzminimum haben und somit die Risikobereitschaft und Innovationstätigkeit gesteigert würden.
Mit dem Grundeinkommen zu mehr Arbeit
Durch das Grundeinkommen würden Pflichtversich- erungszahlungen in die Sozialsysteme, wie die Beiträge zur Arbeitslosen – und Rentenversicherung, wegfallen, sodass es sich für Unternehmen durch die massive Senkung der Lohnnebenkosten wieder lohnt mehr MitarbeiterInnen einzustellen.
Für Arbeitnehmende kann sich Arbeit gerade im Niedriglohnbereich wieder rechnen, da zusätzliches Erwerbseinkommen nicht auf das Grundeinkommen angerechnet wird und die Lohnnebenkosten deutlich geringer ausfallen. Somit können Unternehmen, Privatleute, sowie gemeinnützige Organisationen auch vermehrt gering bezahlte Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland anbieten, anstatt diese Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, illegal durchzuführen zu lassen oder gar nicht anzubieten.
Arbeitsumverteilung ist einfacher möglich, da Teilzeitarbeit, welche bisher aufgrund einer zu niedrigen Entlohnung nicht rentabel war, nun für viele Menschen eine Alternative bieten kann.
Woher kommt das Geld?
Die GRÜNE JUGEND möchte eine Vorfestlegung auf eine bestimmte Höhe des Grundeinkommens vermeiden, da wir der genauen Ausgestaltung in dem gesellschaftlichen und politischen Diskussionsprozess, den wir mit unseren Forderungen anstoßen, nicht vorweggreifen möchten. Doch klar ist für uns, dass der Betrag des bedingungslosen Grundeinkommens am Anfang über dem aktuellen Arbeitslosengeld 2 und der Armutsgrenze liegen muss, um eine gesellschaftliche Teilnahme zu ermöglichen.
Bei der Frage der Finanzierung bieten sich mehrere Möglichkeiten an, die es miteinander zu kombinieren gilt. Zum Einen werden die meisten heute individuell ausgezahlten Sozialleistungen, wie Kindergeld, Arbeitslosengeld oder BAföG, bei Einführung des Grundeinkommens zu dessen Bezahlung genutzt werden können. Weiterhin wird es langfristig massive Kosteneinsparungen bei der Verwaltung der bisherigen Sozialleistungen geben, da die Zahlung des Grundeinkommens unbürokratisch ohne Bedürftigkeitsprüfung durchgeführt. Andererseits gehen wir davon aus, dass der Staat für diese gewaltige Umverteilungsmaßnahme weiteren Finanzbedarf hat, den wir durch höhere Steuern begleichen wollen. Höhere Vermögens-, Einkommens, und Erbschaftssteuern können dies alleine nicht aufbringen, weswegen wir weiterhin auf eine Steigerung der Einnahmen aus ökologisch und sozial ausdifferenzierten Konsumsteuern setzen.
Lasst uns diskutieren
Wir möchten mit dieser Forderung die Debatte anstoßen, nach Alternativen zu der einseitigen Arbeitsmarktpolitik. Wir bedauern es, dass Bündnis 90/Die Grünen auch zur Zeit die Politik der Arbeitsplatzfixierung betreiben und hoffen auf eine breite zukünftige Diskussion in der Partei und in der Öffentlichkeit.
Dabei wollen wir uns gemeinsam mit allen progressiven Gruppen in der Gesellschaft für die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens einsetzen und so gemeinsam eine freie, soziale und selbst bestimmte Zukunft gestalten.
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