8. Juni 2021

BESCHLUSS: GUTE (AUS)BILDUNG FÜR ALLE



Macht Bildung kostenlos!

Bildung ist die Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe und Demokratie. Bildung
darf niemals vom Geldbeutel oder von den Unterstützung aus dem Elternhaus
abhängen. Neben tiefgreifenden Reformen unseres Bildungssystems muss Bildung
deshalb vollkommen kostenlos sein. Das Gegenteil ist in Niedersachsen der Fall:
Die Lernmittelfreiheit wurde hier zu Beginn des Schuljahres 2004/2005
abgeschafft. Jedes Schulbuch kann seitdem nur noch gegen eine Gebühr ausgeliehen
werden und auch Lernmittel wie etwa Kunstmaterialien, Instrumente und
Sportkleidung müssen von den Familien der Schüler*innen bzw. von ihnen selbst
geliehen oder gekauft werden – das gilt für allgemein- und berufsbildende
Schulen und das ist ungerecht!

 

Wir fordern:

  • Absolute Lernmittelfreiheit an allen Schulen: alles was Schüler*innen zum
    Lernen in Allgemein- und Berufsbildenden Schulen brauchen, muss von der
    Schule gestellt oder die Kosten dafür erstattet werden

Macht Schüler*innen und Azubis kostenlos und umweltfreundlich mobil:

Fahrtkosten zur Schule werden Schüler*innen bisher nur in der Sekundarstufe I
von den Schulträgern

erstattet und auch nur dann, wenn bestimmten Voraussetzungen. Fahrtkosten in der
Sekundarstufe II oder zur Berufsschule werden hingegen überhaupt nicht
übernommen – erfüllt sind. Das ist nicht nur unsinnig, sondern auch sozial
ungerecht! Dazu kommt: Landkreise sind zwar dazu verpflichtet, die
Schüler*innenbeförderung zu gewährleisten, nicht aber die Beförderung von
Ausbzubildenden (Azubis); und das obwohl einige von ihnen allein altersmäßig
noch keinen Führerschein haben können. Laut DGB Ausbildungsreport 2020 können
über ein Drittel (34,6 Prozent) der Auszubildenden den Ausbildungsbetrieb
»weniger gut« oder »gar nicht« mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Damit
zwing die bisherige Regelung Azubis im ländlichen Raum dazu, einen Führerschein
zu machen und ein eigenes Auto anzuschaffen. Das ist nicht nur schlecht fürs
Klima, sondern auch sozial ungerecht. Das Ziel muss stattdessen lauten, alle
Schüler*innen und Azubis kostenlos und umweltfreundlich im ÖPNV mobil zu machen.
Dafür müssen Kommunen Schüler*innen und Azubis Mobilität zu Schule und Betrieb
garantieren. Damit das funktionieren kann, ist das Land in der Pflicht, Kommunen
für diese Aufgabe finanziell auszustatten und dort einzuspringen.

Wir fordern:

  • Fahrtkostenerstattung für alle Schüler*innen aller allgemeinbildenden
    Schulen und aller Menschen in Berufsausbildung (Schule und Betrieb)
  • Sicherstellung des ÖPNV für Azubis zur kommunalen Pflichtaufgabe machen
  • Das Land muss den Kommunen diese Mehrausgaben gegenfinanzieren

Ausbildungsgarantie jetzt!

Nicht erst seit der Corona-Krise finden nicht alle jungen Menschen, die gerne
eine Ausbildung machen möchten, eine Ausbildungsstelle. Aber: Junge Menschen
brauchen Perspektiven und selbstbestimmte Arbeit setzt eine gute Ausbildung
voraus. Außerdem herrscht schon heute schon in vielen Branchen ein enormer
Fachkräftemangel und die bitter benötigte sozial-ökologische Transformation
werden wir nur mit einer gut ausgebildeten heranwachsenen Generation meistern
können. Trotzdem drücken sich viele Unternehmen für kurzfristige
Kosteneinsparungen vor ihrer Verantwortung, Nachwuchs auszubilden. Schluss
damit: Fachkräfte ausbilden oder Profite abdrücken! Mit einer umlagefinanzierten
Ausbildungsgarantie ermöglichen wir jungen Menschen, die keine betriebliche
Ausbildungsstelle finden können, einen Ausbildungsplatz eines anerkannten
vollqualifizierenden drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufs in einem
Ausbildungsverbund. Die Mindestausbildungsvergütung gilt uneingeschränkt auch
hier. Die Ausbildungsgarantie braucht eine stabile, solidarische Finanzierung.
Hier sehen wir die Betriebe in der Pflicht. Durch einen Zukunftsfonds, in den
Betriebe ab 5 Beschäftigte einzahlen, werden die zusätzlich notwendigen
Ausbildungsplätze finanziert und der Ausbau betrieblicher Ausbildung gefördert.

Wir fordern:

  • Eine umlagefinanzierte gesetzliche Garantie auf einen Ausbildungsplatz in
    jeder Lebenslage mit Ausbildung im Verbundmodell

Ausbildung und Übernahme gehören zusammen

Damit Auszubildende eine klare Perspektive haben und zur Sicherung des
Fachkräftebedarfs muss die Übernahme in den Betrieb, in dem die Ausbildung
abgeschlossen wurde, garantiert werden – ohne wenn und aber.

Wir fordern:

  • unbefristete Übernahme nach abgeschlossener Ausbildung
  • Verbot von Probezeit bei Übernahme im selben Betrieb

Von Ausbildung muss man leben können

Wer sich in Ausbildung befindet, muss davon leben können! Unternehmen
profitieren davon, wenn Auszubildende bei ihnen im Betrieb arbeiten und
Verantwortung übernehmen. Wer sich in Ausbildung befindet, muss davon leben
können und darf nicht auf Unterstützung aus dem Elternhaus, auf Kredite oder
Nebenjobs angewiesen sein. Deshalb muss die Mindestausbildungsvergütung endlich
existenzsichernd sein!

Wir fordern:

  • Eine Angleichung der Mindestausbildungsvergütung an das BaFöG
  • Die Höhe von BaFöG und Mindestausbildungsvergütung muss existenzsichernd
    sein, mindestens muss den Bezieher*innen aber 1000€ im Monat zur Verfügung
    stehen (+ Inflationsausgleich)
  • Tarifvertrag vor! Wir kämpfen mit den Gewerkschaften für 100%
    tarifgebundene Ausbildungsplätze
  • BaFöG muss ein Vollzuschuss werden, der unabhängig von den Eltern, dem Alter, Studiendauer und -Leistung ausgezahlt wird.

Weg mit den Schulgeldern – her mit der betrieblichen Ausbildung

Während einige zu wenig Ausbildungsvergütung erhalten, zahlen andere auch noch
oben drauf: noch immer zahlen Azubis in einigen rein schulischen Ausbildungen
Schulgelder: in Niedersachsen betrifft das etwa einen Teil der
Heilerziehungspflege oder pharmazeutisch-technische Assistent*innen: Schluss
damit: es muss endlich Schulgeldfreiheit in allen anerkannten Ausbildungsberufen
herrschen. Eine rein schulische Ausbildung darf nicht an der Unterstützung aus
dem Elternhaus oder an der Bereitschaft hängen, sich zu verschulden. Deshalb
muss schon jetzt allen Azubis in schulischer Ausbildung die
Mindestausbildungsvergütung (s.o.) gezahlt werden. Langfristig nachhaltiger ist
aber, dass alle Ausbildungen zu betrieblichen Ausbildungen werden, denn ein
hoher Praxisanteil kennzeichnet jede Ausbildung und wer Teil eines Betriebs ist,
sollte auch von ihm bezahlt werden. Anstatt dass Arbeit in unbezahlten Praktika
in den Ferien verrichtet wird und keinerlei betriebliche Mitbestimmung möglich
ist, sollten rein schulische Ausbildungen sukzessive durch duale Ausbildungen
abgelöst werden. In Verbindung mit einer Übernahmegarantie verbessern sich so
auch die langfristigen Perspektiven für junge Menschen nach abgeschlossener
Berufsausbildung. Bund, Länder und Kommunen müssen die Voraussetzungen für einen
Ausbau betrieblicher Ausbildungen, insbesondere in den Gesundheitsfachberufen
und bei den Erzieher*innen, schaffen.

Wir fordern:

  • Eine Abschaffung aller Schulgelder in schulischer Ausbildungen
  • Kurzfristig: alle Azubis in rein schulischer Ausbildung sollen
    Mindestausbildungsvergütung gezahlt bekommen
  • Langfristig: alle rein schulischen Ausbildungsverhältnisse sollen zu
    betriebliche Ausbildungen werden

Lebenslanges Lernen ermöglichen

Bildung ist ein lebenslanger Prozess und gerade in Zeiten sich rasant wandelnder
Arbiitsverhältnisse, zunehmender Digitalisierung und der anstehenden sozial-
ökologischen Transformation ist es nötig, lebenslange Fort- und Weiterbildung zu
unterstützen. Auch eine zweite oder dritte Ausbildung sind kein Zeichen
persönlichen Scheiterns, sondern ermöglichen Menschen Weiterentwicklung in sich
verändernden gesellschaftlichen Verhältnissen oder veränderten persönlichen
Lebensumständen. Menschen, die diesen Weg gehen, sollen gefördert werden und
keine Steine in den Weg gelegt bekommen.

Wir fordern:

  • keine selbt bezahlten Ausbildung – auch nicht nach bereits abgeschlossener
    Ausbildung: BAföG, Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) und Stipendien müssen
    in jeder Ausbildungen gewährt werden können – egal wieviele Ausbildungen
    eine Person bereits abgeschlossen hat.

Dual- & Trialstudium dürfen nicht zum Burnoutfaktor werden!

Ob Duales Studium, in dem parallel zum Studium schon im Betrieb gelernt wird und
oft sogar noch gleichzeitig eine Berufsausbildung abgeschlossen wird, oder
Trialstudium, an dessen Ende man nicht nur ein abgeschlossenes Hochschulstudium,
sondern auch einen Meistertitel hat: all das dient in erster Linie dem Streben,
Studierende schon früh in den Arbeitsmarkt zu integrieren – gleichzeit erkennen
wir an, dass der hohe Praxisanteil für einige Studierende von besonderem Reiz
ist. Wir stehen grundsätzlich der Idee kritisch gegenüber, in der
Regelstudienzeit eines Bachelors gleichzeitig noch eine Berufsausbildung
abzuschlißen und zu arbeiten – denn so kommt die individuelle Entwicklung viel
zu kurz und Studierenden wird durch den hohen Zeitaufwand die Möglichkeit
genommen, das Campusleben richtig kennenzulernen, sich über das Studienfach
hinaus weiterzuentwickeln und sich demokratisch einzubringen. Niemand sollte ein
duales Studium beginnen müssen, weil er*sie sich ein normales Hochschulstudium
nicht leisten kann; auch deshalb braucht es so dringend das elternunabhängige
existenzsichernde BAfög als Vollzuschuss (s.o.). Duale und triale Studiengänge
sind für uns nur dann unterstützenswert, wenn die Studierenden deutlich mehr
Zeit für Studium und Arbeit bekommen als das aktuell der Fall ist. Urlaubszeiten
müssen eingehalten werden und dürfen nicht durch Semester und Prüfungen gefüllt
werden. Außerdem müssen Dual- und Trialstudierende im Betrieb endlich
Auszubildenden gleichgestellt werden; nur so ist ihnen betriebliche
Mitbestimmung sicher.

Wir fordern:

  • Eine rechtliche Gleichstellung von Dual- und Trialstudierenden mit Azubis
    im Betrieb nach BBiG
  • Eine Verlängerung der Regelstudienzeit für Dual- und Trialstudierende um
    mindestens zwei Semester
  • Semester- und Prüfungszeiten müssen außerhalb des gesetzlich
    festgeschriebenen Urlaubsanspruches liegen
  • Bei getrennten Standorten von Hochschule und Betrieb: Übernahme von Fahrt-
    und Übernachtungskosten
  • Übernahmegarantie ohne erneute Probezeit im selben Betrieb nach
    abgeschlossenem Studium

Studentische Beschäftigte endlich nach Tarif bezahlen!

Mit knapp 400.000 Beschäftigten bilden studentische Hilfskräfte (SHKs) und
Tutor*innen an den Hochschulen der Bundesrepublik das Rückgrat des
Wissenschaftsbetriebes. Jedoch spiegelt sich das bei weitem nicht in ihren
Arbeitsbedingungen wider; im Gegenteil, SHKs werden gezielt vom Tarifvertrag der
Länder (TV-L) ausgeschlossen. Dies drückt sich etwa aus in einer schlechten
Bezahlung (die teilweise sogar unter dem (Landes-)Mindestlohn liegt) und
resultiert in einer fehlenden Planbarkeit aufgrund der Abhängigkeit von
Kettenbefristungen mit sehr kurzer Vertragslaufzeit. Diese Unsicherheit wird
vergrößert durch die damit verbundene starke Abhängigkeit von Vorgesetzten und
Dozierenden und durch die bewusste Ausnahme von fast 400.000 Arbeitnehmer*innen
aus der gesetzlich garantierten Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Dieses
Gesamtgebilde trägt dazu bei, dass SHKS zu Beschäftigten zweiter Klasse gemacht
werden. Es muss endlich Schluss sein mit diesen (staatlich gedeckten) miserablen
Arbeitsbedingungen. Was es braucht, ist endlich einen studentischen Tarifvertrag
nach Berliner Vorbild: dort ist es mit Unterstützung von Ver.di, GEW und FAU im
Jahr 2018 erneut gelungen, einen Tarifvertrag für Studentische Beschäftigte
durchzusetzen (den TVStud 3). Wir fordern die Tarifgemeinschaft der Länder,
deren Vorsitzender der niedersäsische Finanzminister Hilbers ist, dazu auf,
endlich den Weg für einen Tarifvertrag für alle SHKs an öffentlichen
Universitäten und Hochschulen freizumachen

Wir fordern:

  • Einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte an Universitäten und
    Hochschulen nach Berliner Vorbild

Die GRÜNE JUGEND Niedersachsen solidarisiert sich mit der TV-Stud-Bewegung und
kämpft mit ihr gemeinsam für einen Tarifvertrag für SHKs.

UNSERE FORDERUNGEN:

  • Absolute Lernmittelfreiheit an allen Schulen
  • Fahrtkostenerstattung für alle Schüler*innen aller allgemeinbildenden Schulen und aller Menschen in Berufsausbildung
  • Sicherstellung des ÖPNV für Azubis zur kommunalen Pflichtaufgabe machen
  • Eine umlagefinanzierte gesetzliche Ausbildungsgarantie
  • unbefristete Übernahme nach abgeschlossener Ausbildung
  • Verbot von Probezeit bei Übernahme im selben Betrieb
  • Eine Angleichung der Mindestausbildungsvergütung an das BaFöG
  • Die Höhe von BaFöG und Mindestausbildungsvergütung muss existenzsichernd sein, mindestens muss den Bezieher*innen aber 1000€ im Monat zur Verfügung stehen (+ Inflationsausgleich)
  • Tarifvertrag vor! Wir kämpfen mit den Gewerkschaften für 100% tarifgebundene Ausbildungsplätze
  • BaFöG muss ein elternunabhängiger Vollzuschuss werden
  • Abschaffung aller Schulgelder in schulischer Ausbildungen
  • Kurzfristig: alle Azubis in rein schulischer Ausbildung sollen Mindestausbildungsvergütung gezahlt bekommen
  • Langfristig: alle rein schulischen Ausbildungsverhältnisse sollen zu betriebliche Ausbildungen werden
  • Keine selbt bezahlten Ausbildung
  • Eine rechtliche Gleichstellung von Dual- und Trialstudierenden mit Azubis im Betrieb nach BBiG
  • Eine Verlängerung der Regelstudienzeit für Dual- und Trialstudierende um mindestens zwei Semester
  • Semester- und Prüfungszeiten müssen bei Dual- und Trialstudierenden außerhalb des gesetzlich festgeschriebenen Urlaubsanspruches liegen
  • Bei getrennten Standorten von Hochschule und Betrieb bei Dual- und Trialstudierenden : Übernahme von Fahrt- und Übernachtungskosten
  • Übernahmegarantie ohne erneute Probezeit im selben Betrieb nach abgeschlossenem Studium bei Dual- und Trialstudierenden
  • Einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte an Universitäten und Hochschulen nach Berliner Vorbild


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