8. April 2018

Verfassungsschutz abschaffen – der Fehler liegt im System!



Was ist eigentlich „Verfassungsschutz“?

Durch das Existieren von Landesämtern, dem Bundesamt für Verfassungsschutz und  deren Kurzbezeichnung als „Verfassungsschutz“ (VS) kommt der eigentliche Begriff dessen, was das eigentlich beinhaltet, selten zur Diskussion.

 

Das Verfassungsbild der Ämter für VS ist leicht erklärt: Mitte = Demokratie, alles was stark von der Mitte abweicht = Böse. Und doch können wir aus diesem Bild des VS einen Begriff mitnehmen, den der Demokratie. Es ist unsere Aufgabe, als politische Akteur*innen und letztlich damit Aufgabe aller Menschen, miteinander auszuhandeln und zu definieren, was Demokratie und damit was Verfassungsschutz bedeutet.

Wir dürfen die Verfassung nicht als starres Konstrukt von Paragraphen denken, die es einzuhalten gilt. Denn zwei Dinge sind offensichtlich:

  1. Wir wollen und wir müssen die Verfassung verändern. Allein der völkische Rassismus, der der Verfassung innewohnt, ist nicht nur nicht zeitgemäß, sondern entschieden abzulehnen, als Lehre aus der Geschichte und auch schlicht aus Menschenverstand.
  2. Die Verfassung, so viel berechtigte Kritik es auch an ihr gibt, gibt uns als Gesellschaft einen inhaltlichen Rahmen, in dem wir mehr oder weniger gleichberechtigt und selbstbestimmt leben können. Diese Idee, des diskriminierungsfreien, gleichberechtigten und selbstbestimmten Lebens, wollen wir völlig unabhängig von Paragraphen schützen.

In diesem Sinne ist Verfassungsschutz für uns also mehr als eine Behörde. Unser Kampf für eine Gesellschaft, in der alle Menschen ohne Einschränkungen gemeinschaftlich leben können und in der Angriffe auf Einzelne auf Basis von irgendwelchen Kategorisierungen und Zuschreibungen gemeinschaftlich von allen bekämpft werden. Dazu gehört auch, dass wir als Gesellschaft regelmäßig darüber verhandeln, wie dieses diskriminierungsfreie Leben möglich ist.

Daraus leitet sich auch unser Bild von den Verfassungsschutzbehörden ab. Solange sie noch nicht abgeschafft sind, sollten sie sich an der Vision und letztlich auch der verfassungsmäßig festgehaltenen Norm einer diskriminierungsfreien, gleichberechtigten und selbstbestimmten Gesellschaft orientieren, nicht an einer konstruierten Mitte und dem, was davon abweicht.

 

FDGO, Die Ränder der Gesellschaft und die Mitte der Gesellschaft – Extrem absurd!

Die Arbeitsgrundlage der Verfassungsschutzämter ist unter anderem das Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG). Dort heißt es „Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder.“ Schon hier greift die Gesetzgebung auf einen höchst umstrittenen Grundsatz zurück. Als „verfassungsfeindlich“ definiert der Verfassungsschutz Tätigkeiten, die die diese Grundordnung bedrohen.

Dem anschließend definieren die Verfasssungschutzbehörden und andere staatliche Organe Phänomenbereiche: „Rechtsextremismus“, „Linksextremismus“ und „Ausländerextremismus“. Dabei führen sehr unterschiedliche Straftaten und Handlungen zur Einstufung in die jeweiligen Bereiche. Eine Gleichsetzung der Phänomenbereiche ist daher ein politischer Akt der Ämter und wird von uns abgelehnt. Die Befürworter*innen gehen dabei von einer Mitte als Norm aus, deren
Ränder insbesondere Links und Rechts die Gesellschaft von Außen bedrohen. Dabei sprechen sie gar von einer „Hufeisentheorie“. Die Enden des Hufeisens symbolisieren die „Ränder die Gesellschaft“, die in ihrer Form von der Mitte abweichen und sich annähern und damit gleichermaßen abzulehnen sind.

Das Fatale an dieser Kategorisierung ist dabei nicht einmal die Gleichsetzung verschiedener „Extremismen“, sondern ihre Abgrenzung vom Rest der Gesellschaft als abnormal und damit die Konstruktion einer zu schützenden gesellschaftlichen Mitte. Diese Sichtweise verhindert den Blick auf die Grundlage menschenfeindlicher Ideologien, wie Rassismus oder religiöser Fanatismus. Der Zusammenhang zwischen rechten Tönen in der Gesellschaft und Terror, wie der vom NSU, werden dabei erfolgreich verdrängt.

Dem treten wir als Grüne Jugend Niedersachsen entschlossen entgegen. Es darf keine Vereinfachung und Abgrenzung solcher Phänomene geben. Vielmehr müssen die Grundlagen analysiert und Hass, Hetze sowie daraus folgende Gewalt langfristig der gesellschaftliche Nährboden entzogen werden.

 

Die Verfassungsschutzämter – Eine lange Geschichte der Skandale

Mit der Gründung der Verfassungsschutzämter sollten zu Beginn der Bundesrepublik Lehren aus den Erfahrungen einer übermächtigen Gestapo in der NS-Zeit gezogen werden. Schon in den ersten Jahren der Existenz des Verfassungsschutzes zeigte sich, dass die neu geschaffene Behörde auch weiterhin Anziehungspunkt für NSDAP-Anhänger*innen und Funktionäre war. In zahlreichen wichtigen Positionen der Behörde saßen NSDAP- sowie SA- und SS-Mitglieder. Bis in die 60er und 70er hinein hielt das Bundesamt an solchen Mitarbeitenden fest.

Zwar konnte der Verfassungsschutz nur sehr selten V-Leute im inneren Zirkel der Roten-Armee-Fraktion positionieren. Dies brachte die Nachrichtendienste dazu, auch hier besonders fragwürdige Ermittlungsmethoden anzuwenden. Ein besonders eindrückliches Beispiel ereignete sich 1978 als das Landesamt für Verfassungsschutz Niedersachsen ohne Absprache mit der Landespolizei oder dem Bundesamt mit einer Sprengung eine Befreiungsaktion aus einem Celler Gefängnis fingierte, um damit Informant*innen in die RAF einzuschleusen. Der Versuch
misslang und ging als „Celler Loch“ in die Skandalgeschichte ein.

 

VS und NSU

Anfang der 1990er erlebte die Bundesrepublik einen gesellschaftlichen Rechtsruck und eine Welle rechter Straftaten, die nach brennenden Geflüchtetenunterkünften und Pogromen vor allem in den neuen Bundesländern kein Ende finden sollte. In vielen Regionen bildeten sich rechte Gruppen und rassistische Strukturen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die gerade neu gegründeten Landesämter waren durch V-Leute, Beobachter*innen und Abhörmaßnahmen dicht dabei. Auch die Gründung einer Gruppe, bestehend aus Skinheads und Neonazis, die sich Thüringer Heimatschutz nannte, hatten die Ämter von Anfang an auf dem Schirm. Mit dabei: Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Schon 1993 tauchten die drei in Vermerken und Berichten der Ämter auf – 5 Jahre bevor sie als Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ihre ersten Anschläge verübten. Der führende Kopf des Heimatschtzes war zu diesem Zeitpunkt Tino Brandt. Brandt galt in der Thüringer Neonaziszene als Organisationstalent und verhalf der örtlichen Szene zu bundesweiter Vernetzung. Dabei wurde er von 1994 bis 2001 mit erheblichen Geldsummen vom Thüringer Landesamt als V-Mann bezahlt. Im Baden-Württembergischen Untersuchungsausschuss sagte er 2018 aus, Gelder des
Verfassungsschutzes zumTeil auf Anweisung an den NSU gespendet zu haben.

Obwohl oder gerade weil die Ämter viele V-Leute und ein enges Netz um den NSU gesponnen hatten, muss ihr Handeln eher als aktives Verhindern der Festnahme des Kerntrios gewertet werden. Nach der Enttarnung des NSU im November 2011 wurde eine beispiellose Vernichtungsaktion von Akten mit Bezug auf die drei Täter*innen durchgeführt. Allein im Bundesamt wurden 2012 über 300 Akten vernichtet. Weitere Akten wurden in vier Landesämtern geschreddert: Thüringen, Sachsen, Berlin und Niedersachsen. Die Mitarbeit im Strafprozess und in den bisher 13 Untersuchungsausschüssen der Parlamente wurde vielfach mit dem Hinweis auf Quellenschutz verweigert.

 

Arbeitsverweigerung gegen Rechts – Ambitioniert gegen links

Während in die rechtsradikale Szene mutmaßlich Hunderttausende Mark (bzw. später Euro)durch V-Leute flossen, wurden Menschenrechtler*innen, progressive Anwält*innen und linke Aktivist*innen unrechtmäßig und aufgrund hanebüchener Begründungen überwacht. Jüngst bestätigte das Oberverwaltungsgericht Münster dem Menschenrechtler Rolf Gössner, dass er durch das Bundesamt für Verfassungsschutz von 1970 bis 2008 illegal überwacht und bespitzelt wurde. Damit ist das die am längste bekannte Überwachung einer Einzelperson in der Geschichte der Verfassungsschutzämter. Auch in Niedersachsen fiel der Verfassungsschutz immer wieder mit Rechtsbrüchen auf, wenn es um die Beobachtung sogenannter „linksextremistischer“ Bestrebungen ging. So wurde über die Journalistin Andrea Röpke 2005 vom NLfV eine Akte angelegt. Auf persönliche Anfrage teilte das Amt mit, dass keine Akte über sie vorhanden war. Später stellte sich allerdings heraus, dass ihre Akte erst nach ihrer Anfrage gelöscht wurde. Die Rot-Grüne Landesregierung kündigte 2013 eine umfassende Untersuchung der Rechtmäßigkeit aller Speicherungen an. Dabei stellte sich heraus, dass 21% aller gespeicherten Personendaten gelöscht werden mussten. Das NLfV hatte außerdem Daten von
Religionsanhänger*innen und von Minderjährigen gesammelt. Dass diese Verstöße erst im Zuge einer manuell eingerichteten Kommission ermittelt wurden, zeigt wie schwer eine Behörde zu kontrollieren ist, die so im Geheimen arbeitet wie die Verfassungsschutzämter.

Durch seine ihm zugeschrieben Kompetenzen im Bereich der „Extremismen“ in der Öffentlichkeit besitzt der Verfassungsschutz zudem eine fast uneingeschränkte Definitionsmacht darüber, wer als Extremist*in bezeichnet werden darf. Dass diese Mittel politisch verwendet werden, ist an unzähligen Beispielen belegt. Allein die Beobachtung und später die Einstellung der Gesamtbeobachtung der Partei Die Linke durch politische Beschlüsse offenbart die Behörden als strukturell organisierten und institutionalisierten politischen Akteur, der eben nicht neutral agiert.

 

Aktuelle Entwicklungen- Geheimdienste heute – Neue Sicherheitslage? Alte
Probleme!

NSU Untersuchungsausschüsse- Der Fehler liegt im System

Der Bundestag hat sowohl in der 17. als auch in der 18. Wahlperiode einen NSU Untersuchungsausschuss eingerichtet, um den NSU-Komplex aufzuklären. In den Ländern haben bisher 11 weitere Landtagsausschüsse zu diesem Themenbereich ermittelt. Die Ergebnisse aus den Untersuchungsauschüssen, die elementar für die umfassende Aufklärung der Verbrechen der NSU sind, lassen dabei viele Fragen zu den Hintergründen und Motiven unbeantwortet. Nichtsdestotrotz muss auch die wichtige Arbeit der Parlamentarier*innen herausgestellt werden, die an vielen Stellen Verbindungen in gefährliche Mischszenen wie die organisierte Kriminalität oder haarsträubende „Fehler“ des Verfassungsschutzes aufdeckten.
Statt klaren Antworten als Reaktion auf das Versagen des Staates, werden in den abschließenden Ausschussberichten lediglich Empfehlungen abgegeben, die klare Mechanismen um zukünftige Verbrechen zu verhindern, vermissen lassen. Aus den Untersuchungsausschüssen folgt aber auch, dass die parlamentarische Kontrolle der Ämter für Verfassungsschutz nicht ausreicht und nicht ausreichend möglich ist. Für uns ist klar, der Fehler liegt nicht nur in der Ausführung, sondern im System.

 

Verfassungsschutzreform in Niedersachsen

2014 hat die Rot-Grüne Regierung eine Reform für den Verfassungsschutz beschlossen. Neu ist, dass jede Überwachung eine Genehmigung des Innenministeriums voraussetzt, bei unbegründeter Bespitzelung erhobenen Daten zu löschen sind und V-Leute keine schweren Straftaten begangen haben dürfen oder vom Verfassungsschutz finanziell abhängig sind. Trotz einiger Verbesserungen der Transparenz und Kontrolle wurden für uns hierbei keine nachhaltigen Lösungen für die Probleme herbeigeführt. Bloße Verbesserungen der Transparenz und Kontrolle ändern nicht die problematische Struktur, sondern legitimieren sie nur noch weiter. Problematisch ist auch, dass trotz zahlreicher Reformen das Personal in Niedersachsen beibehalten wurde und in Zukunft sogar erhöht werden soll. Ein Neustart des Verfassungsschutzes bzw. der Struktur und Arbeitsweise ist jedoch nicht möglich. Wir brauchen keine Reform des Verfassungsschutzes, sondern wollen das System an sich hinterfragen und in diesem Zuge die Ämter für Verfassungsschutz abschaffen.

 

Der Weg zum Überwachungsstaat

Den aktuellen Kontrollmöglichkeiten stehen jedoch neue Gesetze gegenüber, die eine weitere Überwachung ermöglichen, wie z.B. durch den Einsatz des Staatstrojaners. Eine ausgeweitete Überwachung und Aufzeichnung von Telekommunikation und Online-Durchsuchung sind nur Beispiele von Angriffen auf die Privatsphäre, die eine immer weitergehende Ausweitung der Befugnisse von Sicherheitsbehörden mit sich ziehen.

Wir halten das Trennungsgebot für eine unersetzliche Einschränkung nachrichtendienstlicher Tätigkeiten. Die Trennung soll eine zu starke Machtkonzentration bei einzelnen Behörden verhindern. Seit den letzten Jahren geht der Trend leider immer mehr zu einer Auflösung dieses wichtigen Gebots. Die Grüne Jugend Niedersachsen kritisiert diese Entwicklung als zu starke
Machtkonzentration bei der Polizei und als unnötige und damit teure Doppelstruktur in der Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik.

 

Die Forderungen – Demokratie kann nie geheim sein! – Erst kurzfristige
Veränderung, dann abschaffen.

V-Leute abschaffen!

Bei V-Leuten handelt es sich um Angehörige einer vom Verfassungsschutz beobachteten Szene, die für Geld bereit sind, Informationen an den Geheimdienst weiterzugeben. Viele sind der Überzeugung, dass die V-Leute in der Informationsgewinnung unersetzbar sind. Doch die Informationen von V-Leuten sind oft extrem zweifelhaft. So zweifelhaft, dass die Ämter oft mehrere V-Leute in einer Gruppe „beschaffen“ um die Aussagen gegenseitig verifizieren zu können. Einer der ersten Schritte in Richtung Überwindung des Verfassungsschutzes ist es deswegen das V-Leute System abzuschaffen.

 

Verfassungsschutz darf kein politischer Akteur sein

Obwohl seine Aufgaben in §3 BverfSchG fest geregelt sind, überschreitet er seine gesetzlich festgelegten Aufgaben immer wieder. Dazu gehört sein Eingreifen in die politische Bildung. Der Verfassungsschutz präsentiert sich der Zivilgesellschaft immer häufiger als Bildungsakteur, der vorgibt, sich demokratietheoretisch zu äußern, eigentlich aber nur seine Extremismustheorie
verbreitet. Wir wollen eine kritische, unabhängige politische Bildung ermöglichen.

Hinzu kommt, dass der Verfassungsschutz eine Politisierung und Diskursdeutung von Handlungen für das herrschende System vornimmt. Wer an einer Sitzblockade teilnimmt, taucht danach schon mal in der Kategorie „Linksextremismus“ auf. Daraus ergibt sich eine Stigmatisierung und Diskursprägung nicht nur für den Verfassungsschutz, sondern auch für andere Behörden. Dieses Handeln liegt im Grundwesen des Amtes und wird daher auch nicht durch Reformen veränderbar sein.

 

Verfassungsschutz kurzfristig von Aufgaben entbinden

Über die oben beschriebenen Aufgaben hinaus ist der Verfassungsschutz z.B. auch für Spionage oder Wirtschaftsschutz zuständig. Die Spionageabwehr aus den Zeiten des kalten Krieges stellt angesichts nie eingetretener Erfolge eine weitere zweifelhafte Aufgabe des Verfassungsschutzes dar. Wirtschaftsspionage stellt an sich einen Strafbestand da. Es bedarf hier keines weiteren Schutzes durch eine staatliche Behörde. Bei Straftaten muss hier die Polizei und nicht der
Verfassungsschutz zuständig sein. Wir fordern daher die sofortige Ablösung des Verfassungsschutzes mit diesen Aufgabenfeldern.

 

Demokratie lebt von Transparenz.

Sie ist eine Grundvoraussetzung für demokratisches Handeln, besonders von Staaten und ihren Behörden. Daher gilt es kurzfristig möglichst hohe Transparenz über die Arbeit der Sicherheitsbehörden und Geheimdienste zu schaffen. Nur so kann offen über die Arbeit, Erfolge und Misserfolge diskutiert werden.

Angesichts der massiven Grundrechtseingriffe durch den Verfassungsschutz ist die demokratische, transparente Kontrolle der Maßnahmen absolut ungenügend. Lediglich die G-10 Kommission als einzige demokratisch, aber auch nur indirekt gewählte Kontrollinstanz, muss Maßnahmen des VS genehmigen. Die Mitglieder der G-10 Kommission werden nach Fraktionsstärke von den jeweiligen Landtagsfraktionen entsendet. Die Mitglieder sind aber gesetzlich zur Geheimhaltung der Informationen und Diskussionen in der G-10 Kommission
verpflichtet. Angesichts dieser Intransparenz kann man wirklich nicht von einer demokratischen Kontrolle sprechen.

Statt der geheimen G-10 Kommission den Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zu stärken und deutlich mehr Informationen in einem größeren Rahmen im Landtag zu diskutieren. Außerdem muss es den Parlamentarier*innen möglich sein, VS-Beamte und auch V-Leute weisungsungebunden zu laden und sie unter Eid aussagen zu lassen.

 

Geheimdienste dürfen nicht als politischer Akteur auftreten

Die Arbeit des Verfassungsschutzes ist aktuell jedoch in seinen Grundfesten als politische Arbeit ausgelegt. Dazu führt besonders die politische Kategorisierung von Straftaten. Diese Verwendung des „Extremismusbegriffs“ teilt politische Straftaten in „rechtsextremistisch“, „linksextremistisch“ und „Ausländerkriminialität“ ein. Diese Einteilung führt zu einer Gleichsetzung und Verharmlosung menschenfeindlicher und rechtsextremer Ansichten und Handlungen. Wir lehnen daher seine Verwendung ab. Vielmehr braucht es eine tiefgreifende und umfassende Analyse von Straftaten, besonders von menschen- und demokratiefeindlichen Handelns.

 

Zentralisierung der Verfassungsschutzbehörden

Seit einigen Jahren wird vor allem von Seiten der Bundesinnenminister versucht, keine Zentralisierung der Verfassungsschutzämter voranzutreiben. Im Rahmen der Verfassungsschutzreform von 2012/2013 wurden bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen. Beispielsweise wurde vereinbart, die Ausbildung der Mitarbeiter*innen zu vereinheitlichen und beim Bund zu konzentrieren. Ex-Minister Thomas De Maizière fordert in einem Gastbeitrag in der FAZ die komplette Abschaffung der Landesämter für Verfassungsschutz. Die Grüne Jugend Niedersachsen lehnt eine Zentralisierung des Verfassungsschutzes ab. Eine „zentralistische Mega-Behörde“ (Zitat Ex-NRW-Innenminister Ralf Jäger, SPD) birgt eine Vielzahl an Gefahren und widerspricht dem föderalen System der BRD.

 

Das Problem ist das System, ja.

In all den oben aufgeführten kurzfristen oder langfristigen Maßnahmen bleibt der Widerspruch: Demokratie kann nie geheim sein. Die fragwürdige Arbeit des Verfassungsschutzes, die Kriminalisierung von antifaschistischem Engagement und die vielen Skandale des Verfassungsschutzes, sowie die Mitfinanzierung der rechten Szene sind für uns nicht hinnehmbar. Die Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Grundrechtsverstöße und Skandale seitens der Geheimdienste, spricht für die These, dass Geheimdienste nicht nur gelegentlich, sondern strukturell dazu neigen sich von ihrem Status als bloßes Mittel zur Umsetzung des demokratischen Willens loszusagen.

Anstelle intransparenter Geheimdienste wollen wir unsere Demokratie und Zivilgesellschaft massiv stärken und eine freie, gleiche und solidarische Gesellschaft selber machen. Die Ämter für Verfassungsschutz schaffen wir ab, die Gesellschaft schützen wir auf der Straße! – Alerta!



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