17. November 2019

Selbstbestimmt, gerecht, inklusiv – Das Schulkonzept der GRÜNEN JUGEND Niedersachsen



Zusammenfassung

Unser grundlegend neu gedachtes Schulsystem beinhaltet:

  • Eine Schule für Alle
  • gebundene, rhythmisierte Ganztagsschule
  • späterer Schulbeginn mit Betreuungsangebot
  • Schüler*innen als Menschen mit individuellen Bedürfnissen und Interessen sehen
  • Flexibilität, Freiräume für Schulen
  • keine Hausaufgaben
  • kleine Lerngruppen
  • jahrgangsübergreifender Unterricht
  • Projektunterricht statt starre Fächer
  • regelmäßige Gespräche zwischen Lehrkräften und Schüler*innen
  • Entwicklungsberichte statt Noten
  • multiprofessionelle Teams
  • Barrierefreiheit
  • demokratische Schule
  • Antidiskriminierungstrainings und -strategien
  • Entstigmatisierung von psychischen Krankheiten
  • Mehrwert durch Digitalisierung; Sensibilisierung und Prävention
  • Berufscoaching einführen
  • Kreativität fördern
  • Schule europäisch und über die Grenzen Europas hinausdenken
  • kritisches Denken fördern
  • Bildung für Nachhaltige Entwicklung institutionalisieren

Beschluss

 

Einleitung

Niedersächsische Schulen sind noch nicht im Hier und Jetzt angekommen. Sie wirken von außen oft als starres, eingestaubtes System. Unser gegliedertes Schulsystem, verbunden mit Halbtagsunterricht, wirkt sich stark sozial selektiv aus, wodurch der Bildungserfolg viel zu sehr vom Elternhaus abhängig ist. Schule wird in Niedersachsen immer noch autoritär geplant und nicht basisdemokratisch organisiert. Kerncurricula, geschrieben von Kultusministerium und
Landesschulbehörde und ausgeführt von den Lehrkräften, wirken oft weltfremd. Und mit dem aktuellen Lehrkräftemangel scheint sich das Niedersächsische Schulsystem in einer Krise zu befinden. Politische Initiative und Verbesserungsmaßnahmen sind gefragt. Mit dem Schwung, den uns die Jugendklimabewegung „Fridays For Future“ unter anderem durch die Diskussion um die Schulpflicht gibt, wollen wir als GRÜNE JUGEND Niedersachsen eine Antwort auf eine gesamtgesellschaftliche Debatte über Schule liefern.

Wir verstehen Bildung als Zukunftsinvestition und wollen eine gute Schule gestalten. Deshalb muss das Schulsystem modernisiert werden. Dazu gehört, Schule zu demokratisieren und sie stärker europäisch aufzustellen. Außerdem darf nicht von der Schulform, dem Schulbezirk oder dem Elternhaus abhängen, ob Schüler*innen zukunftsorientiert lernen.

Da es sich um strukturelle Probleme handelt, gehen wir in die Debatte mit einem Neuentwurf des Bildungssystems. Das Land Niedersachsen soll den Schulen nur ein Grundgerüst vorgeben und so Freiräume ermöglichen. Die Vorgaben orientieren sich an den Werten des Grundgesetzes und der Zukunftsorientierung: demokratisch, gerecht, inklusiv, nachhaltig, europäisch und innovativ wollen wir Schule machen. Deshalb beziehen wir unter anderem klar Stellung gegen starre Zeiten, Fächer und Hierarchien!

Gegliedertes Schulsystem abschaffen – eine Schule für Alle

 

Die GRÜNE JUGEND Niedersachsen fordert die Abschaffung des gegliederten Schulsystems. Sie fordert, dass in Zukunft alle Schüler*innen von der ersten Klasse bis zum Abschluss gemeinsam auf einer inklusiven Schule für alle lernen.

Bildung ist Allgemeingut – Nein zu Privatschulen, kostenlose Lernmittel

Die Schule soll dabei helfen, Chancengerechtigkeit herzustellen. Dafür ist es essenziell, dass der Bildungserfolg von der Unterstützung der Eltern entkoppelt wird. Das geht nur mit staatlichen Schulen und kostenlosen Lernmitteln.

Schule als Lebensort – Rhythmisierter Ganztag ohne Hausaufgaben

 

Nicht jede*r lernt gleich schnell, nicht jede*r möchte gleich lang zur Schule gehen. Daher flexibilisieren wir die Dauer des Schulbesuchs. Schüler*innen besuchen mindestens 12 Jahre die Schule, wobei der Besuch einer Berufs- oder Hochschule auf die Schulpflicht angerechnet wird. Schüler*innen haben aber die Möglichkeit, die allgemeinbildende Schule länger zu besuchen. Dies ermöglicht es ihnen, im eigenen Tempo zu lernen sowie sich nebenbei zu engagieren oder Sport nachzugehen. Nach dem Besuch der Schule und dem Durchlaufen von ausbildungs- und studiengangsspezifischen Aufnahmeverfahren sind die Schüler*innen berechtigt, eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen.

 

Da ein Großteil der Kindheit und der Jugend in der Schule verbracht wird, soll die Schule ein Lern- und Lebensort sein. Das geht nur mit dem Grundkonzept einer gebundenen Ganztagsschule. Ganztagsschulen stellen für Eltern ein gutes Betreuungsangebot dar und bieten die Möglichkeit, Unterrichts- mit Bewegungs- und Entspannungseinheiten abwechseln zu lassen, sowohl vormittags als auch nachmittags (Rhythmisierter Ganztag). Der Schulbeginn soll sich an den wissenschaftlichen Erkenntnissen zum natürlichen Biorhythmus von Kindern und Jugendlichen orientieren. Um die Schulzeit mit der Arbeitszeit der Eltern kompatibel zu machen, wird vor Schulbeginn und nach Schulschluss die Möglichkeit einer Betreuung bestehen.

 

Wichtig ist uns als GRÜNE JUGEND Niedersachsen, dass Schüler*innen als Menschen mit individuellen Bedürfnissen und Interessen gesehen werden. Dazu gehört auch, dass Schulen Orte zum Ausprobieren und zum praktischen Lernen werden. Deshalb setzen wir auf Selbstbestimmung und Freiwilligkeit. Der Tagesablauf soll weniger standardisiert und vorgegeben werden. Stattdessen soll es möglich sein, dass Schüler*innen sich frei entfalten können und entscheiden, was, wann, wie und wo sie lernen. Für Bedürfnisse nach beispielsweise Lautstärke, Bewegung oder Alleinsein müssen Räume zur Verfügung gestellt und den Lehrkräften Flexibilität ermöglicht werden.

 

Teil unseres Ganztagskonzepts ist das Essen. Hierbei setzen wir auf Schulobst und sehen eine gemeinsame, kostenfreie Mahlzeit, die unter Beteiligung von Schüler*innen gekocht wird, zur Mittagszeit als erforderlich an, da hierbei sowohl gesundheitliche Bildung erfolgt als auch eine wichtige soziale Komponente erfüllt wird. Vegetarische Kost aus saisonalen und regionalen Lebensmitteln soll bevorzugt werden.

 

Hausaufgaben sorgen nicht nur für familiäre Konflikte und starken Stress schon bei jungen Schulkindern. Sie verstärken auch soziale Ungleichheiten, da nicht jede*r Schüler*in das gleiche Maß an Unterstützung aus dem Elternhaus erfährt. Da in der rhythmisierten Ganztagsschule genügend Raum zum betreuten, aber selbstständigen Lernen und Üben ist, verzichten wir auf jegliche Form von Hausaufgaben.

 

Jahrgangsübergreifender Projektunterricht

 

Um das Individuum in der Schule wahrnehmen zu können und ein angenehmes und individuelles Lernen zu ermöglichen, braucht es kleine Lerngruppen, die jahrgangsübergreifend organisiert sind. Hierbei orientieren wir uns an der Stufenausbildung der Lehrkräfte. Die Lerngruppen setzen sich aus Schüler*innen unterschiedlichen Alters und Entwicklungsstands zusammen. In den Lerngruppen nehmen Schüler*innen unterschiedliche Rollen ein. Außerdem wird Teamarbeit geübt. Die Schüler*innen nehmen wahr, dass jeder Mensch unterschiedliche Fähigkeiten besitzt und die Gruppe von individuellen Vorerfahrungen profitieren kann. Phänomene werden ganzheitlich betrachtet und Schüler*innen bekommen die Möglichkeit, selbstentdeckend zu lernen.

 

Unterricht findet bevorzugt in Projekten und nicht in starren Schulfächern statt. Auch lerngruppenübergreifende Projekte wie Schulfirmen und Arbeitsgemeinschaften (AGs) sollen geschaffen werden. Durch Einbezug der außerschulischen Welt durch Exkursionen oder indem Externe in die Schule eingeladen werden, werden zudem praxisnah Wissen vermittelt und Kompetenzen erworben. Außerdem wird die Rolle der Schule als Lebensort gestärkt. Externe sind für uns beispielsweise Wissenschaftler*innen, Zeitzeug*innen, Sportler*innen, Unternehmer*innen, Handwerker*innen, Künstler*innen, Vereine, Tanz- und Musikschulen. Werbung der Bundeswehr in Schulen dagegen lehnen wir strikt ab.

 

„Die Aufgabe der Schule ist es, das Gelingen zu organisieren, nicht das Misslingen zu dokumentieren“

 

Für die Erreichung einer moderneren Bildungslandschaft bedarf es einer wertschätzenden Feedbackkultur. Deshalb finden regelmäßige Gespräche zwischen Lehrkräften und Schüler*innen statt. Außerdem bekommt jedes Kind am Ende eines Schulhalbjahres einen Entwicklungsbericht. In diesem werden Leistung und Entwicklung gewürdigt sowie Stärken und Entwicklungspotentiale auf motivierende Weise aufgezeigt.

 

Am Ende der Schullaufbahn erhält jede*r Schüler*in einen schriftlichen Schulabschlussbericht. Dieser kommt ohne Zensuren aus, fasst die Bildungsbiographie zusammen und legt einen Fokus auf die Fähigkeiten der*des Schüler*in. Darauf aufbauend werden vor Studienbeginn oder Aufnahme einer Ausbildung notenunabhängige Aufnahmeverfahren eingeführt, die berufsbezogene Fähigkeiten in den Fokus nehmen.

 

Kultur des Miteinanders und der Selbstbestimmung – Schule ist demokratisch

 

Demokratie kann man lernen und erfahren! Daher brauchen Schulen eine Kultur des Miteinanders und der Selbstbestimmung: Lehrkräfte, Angestellte und Schüler*innen agieren in der Schule auf Augenhöhe, verstehen sich als Team. Sie besuchen gemeinsame Teambuilding-Aktivitäten und treffen Entscheidungen, die die Schule betreffen, gemeinsam. Dies führt langfristig zu einer Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartung von Schüler*innen und dem Verständnis komplexer demokratischer Prozesse. Hierfür eignen sich Vollversammlungen, bei denen Schüler*innen, Eltern, Lehrkräfte und Schulangestellte über die gemeinsamen Fragen wie Anschaffungen, Personal oder Klassen- und Schulprojekte diskutieren. Als Vorstufe zur Vollversammlung fungiert das Schüler*innenparlament, welches den Schüler*innen die Möglichkeit gibt, ihre Interessen vorzudiskutieren und somit besser in die Vollversammlung tragen zu können. Dies belebt nicht nur die Schule, sondern stärkt die Identifikation mit der Schule als Lern- und Lebensort. Probleme innerhalb einer Lerngruppe werden vom Klassenrat besprochen. Dieser versucht Konflikte konstruktiv zu lösen. Lehrkräfte haben im Klassenrat eine zurückhaltende, beratende Funktion.

 

Multiprofessionelle Teams

 

Das multiprofessionelle Team setzt sich neben Lehrkräften aus Expert*innen aus den Bereichen Sonderpädagogik, Sozialpädagogik, Psychologie, Therapie, Logopädieoder weiteren pädagogischen Bereichen zusammen. Pro Lerngruppe sind stets eine Lehrkraft, ein*e Sonderpädagog*in und ein*e weitere*r Expert*in anwesend. Sie nehmen die Rolle von Coaches ein. Ihre Aufgabe ist es, die intrinsische Motivation der Schüler*innen zum möglichst selbstständigen Lernen zu erhalten und zu fördern sowie Hilfestellungen, aber auch weitergehende Aufgabenstellungen zu geben. Teambuildingmaßnahmen, kollegiale Fallbesprechung, Supervision, Evaluation, gemeinsame Erarbeitung von Unterrichtsstunden und regelmäßige Fortbildungen helfen dem multiprofessionellen Team bei seinen Aufgaben und gehören selbstverständlich zur Arbeitszeit. Fortbildungen sind auch notwendig, da Schule sich an zukünftige gesellschaftliche Wandel anpassen muss. Hier bedarf es von Seiten der Lehrkräfte Offenheit und Flexibilität gegenüber Veränderungen.

 

Inklusion? Selbstverständlich und ohne Ausnahme!

 

Jedes Kind hat das Recht darauf, in einer inklusiven Schule zu lernen. Gleichzeitig sind Verschiedenheit, Lernschwächen und sogenannte Behinderungen Teil der gesellschaftlichen Realität, die in der Schule abgebildet werden muss. Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe aller Lebensbereiche. Gerade deshalb ist es für alle Schüler*innen wichtig, Inklusion von Anfang bis Ende der Schullaufbahn zu lernen und zu leben. Exklusion und Separation von Menschen mit sogenannter Behinderung darf es nicht geben – nicht in der Gesellschaft und nicht in der Schule. Dazu hat sich Deutschland mit der Ratifizierung der UN-BRK 2009 verpflichtet. Dem werden wir jetzt gerecht: Die GRÜNE JUGEND Niedersachsen spricht sich für eine inklusive Beschulung aller Menschen und damit für eine Abschaffung der Förderschulen aus. Konkret bedeutet das eine Verlagerung aller vorhandenen sonderpädagogischen Expertise und Kompetenzen in die inklusive Schule. In der inklusiven Schule wird regelmäßig der Förderbedarf aller Schüler*innen erhoben, um individuell und gezielt fördern zu können. Je nach festgeselltem Bedarf unterstützt zusätzlich weiteres Fachpersonal, beispielsweise persönliche Assistenz oder Krankenpfleger*innen, die inklusive Beschulung.

Inklusion ist ein Menschenrecht und darf nicht an Kosten scheitern: die Beschulung von Menschen mit sogenannter Behinderung ist immer wohnortnah zu ermöglichen, etwaige räumliche Umbaumaßnahmen und personelle Veränderungen müssen erfolgen. Das Land hat dafür Sorge zu tragen, dass ausreichend Sonderpädagog*innen ausgebildet werden, um flächendeckende Inklusion zu ermöglichen. Neue Schulen sollen selbstverständlich barrierefrei gebaut werden. Zu Barrierefreiheit gehören bspw. ein Leitsystem für blinde Menschen, eine besondere Akustik für Hörbeeinträchtigte sowie Piktogramme an allen Türen.

 

Diskriminierung bekämpfen, Vielfalt leben

 

Diskriminierungen aller Art dürfen an Schulen keinen Platz finden. Regelmäßige Thematisierung von Diskriminierungserfahrungen und Antidiskriminierungstrainings für alle am Schulleben teilnehmenden Personen sind notwendig, damit Hautfarbe, Herkunft, Sprache, Kultur, Alter, Geschlecht, religiöse, politische und sonstige Anschauung, sexuelle Orientierung, soziale Herkunft, Vermögen und Erkrankungen oder eine sogenannte Behinderung und weitere Merkmale, die zu Diskriminierung führen können, in der Schule und der Gesellschaft keine Rolle spielen. In der Schule wird nicht nach einem dieser Kriterien separiert, denn unterschiedliche Erfahrungen der Schüler*innen bereichern den Unterricht.

Da ein Großteil des Lebens der Schüler*innen in der Schule stattfindet, manifestieren sich dort Rollenbilder. Uns ist es wichtig, das Schüler*innen sich ihre Identität selbst aussuchen dürfen. Daher lehnen wir jeden Versuch, Schüler*innen in eine Rolle oder zu einem Verhalten zu drängen, ab. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, braucht es geschulte Ansprechpartner*innen in den Schulen. Zusätzlich braucht es geschützte Räume. Dies bezieht sich nicht allein auf Räumlichkeiten, sondern auch auf Gelegenheiten, bei denen (Diskriminierungs-)Erfahrungen vertraulich ausgetauscht werden können. Dabei muss berücksichtigt werden, dass solche Erfahrungen divers und miteinander verknüpft sind. Die Antidiskriminierungsarbeit in Schulen muss dieser Komplexität gerecht werden.

Vielfalt an der Schule bedeutet für uns auch, verschiedene Angebote zu machen,um Kulturen besser kennenzulernen. Auch die Auseinandersetzung mit beispielsweise Plattdeutsch und Gebärdensprache wird von uns explizit gewünscht. Damit erhoffen wir uns als GRÜNE JUGEND Niedersachsen eine höhere Wertschätzung für verschiedene Kulturen und ein stärkeres Verständnis, wie bereichernd Vielfalt ist.

 

Mentale Gesundheit fördern

 

Damit die Schule ein Ort ist, an dem sich alle Menschen zuhause fühlen, muss sie mit Problemen der Schüler*innen umgehen können. Schulpsycholog*innen sind deshalb fester Teil des multiprofessionellen Teams der Schule. Sie sorgen durch die Entstigmatisierung von psychischen Krankheiten dafür, dass mentaler Gesundheit genauso viel Beachtung gebührt wie physischer. Außerdem bekommen Lehrkräfte regelmäßige Schulungen zum Umgang mit psychischen Erkrankungen und Mobbing. Wir wollen eine Schule schaffen, an der es Bewusstsein für verschiedene Bedürfnisse von Schüler*innen aber auch Lehrkräfte gibt. Somit schaffen wir perspektivisch „Wohlfühlschulen”, um Mobbing, Traumata, Magersucht etc. zu verhindern.

 

Besserer Unterricht durch Digitalisierung

 

Medienkompetenz ist zentral für das Leben im 21. Jahrhundert. Digitale Medien bieten vielfältige Optionen zur differenzierten Unterrichtsgestaltung und Ansprache der Schüler*innen auf verschiedenen Ebenen und somit einen Mehrwert. Deshalb werden sie eng mit analogen Medien verknüpft, ersetzen diese aber nicht. Neben vielen Chancen birgt die Digitalisierung aber auch erhebliche Risiken. Wir sehen Schule daher als zentralen Ort zur Sensibilisierung und Prävention: In der Schule werden der verantwortungsvolle Umgang mit persönlichen Daten, Gefahren durch Betrug und der Umgang mit Pornografie und Gewalt im Internet besprochen und kritisch diskutiert. Genauso ist es Aufgabe der Schule, Schüler*innen für das Suchtpotential sozialer Medien und Spiele zu sensibilisieren und ihnen Strategien zu selbstschützendem Verhalten mit auf den Weg zu geben.

 

Breite Berufsorientierung für Schüler*innen

 

Wir setzen auf Berufscoaching für Schüler*innen zur Förderung der Selbsteinschätzung eigener Stärken, Lernfelder und Interessen. Berufscoaching ist langfristig sinnvoll, um Studienabbrüche zu vermeiden und jungen Menschen zu helfen, ein Berufsfeld zu finden, das ihnen sowohl liegt als auch Erfüllung gibt. Des Weiteren fordern wir verpflichtende Praktika während der Schulzeit, wovon eins in einem Ausbildungsberuf zu absolvieren ist.

 

Kreativität kann gelernt sein!

 

Kreativität und abstraktes Denken sind Kernkompetenzen, welche in vielen Bereichen der Gesellschaft zu einer höheren Lebendigkeit und Vielfalt beiträgt, sowie diverse Problemlösestrategien entwickeln lässt. Damit die Schule nicht nur als Lern- sondern auch als Lebensort betrachtet wird, soll an Schulen ein breites kreatives Angebot geschaffen werden. In Kunst- und Musik- Arbeitsgemeinschaften (AGs) sollen Schüler*innen unterschiedlicher Jahrgangsstufen die Möglichkeit bekommen, etwas Gemeinsames zu schaffen. Dies stärkt auf der einen Seite das Gruppengefühl und kann auf der anderen Seite zu einem guten Sozialverhalten beitragen. Darüber hinaus sehen wir ein großes Potenzial darin, wenn Kunst-, Musik-, Chor- und Tanz-AGs aber auch Schüler*innenfirmen und Entdecker*innenklassen die Kreativität von Schüler*innen fördern. Kreativität sehen wir als eine elementare Fähigkeit, die es in jeder Schule zu fördern gilt.

 

Weltbürger*innen ausbilden

 

Niedersächsische Schüler*innen gehören zur Generation Europa: Es gab für sie keine Zeit ohne die Europäische Union. Deshalb fordern wir eine starke Einbeziehung von europäischer Politik und Fremdsprachenin den Unterricht. Dabei soll auch bei Interesse der Schüler*innen über die europäischen Sprachen hinausgegangen werden und beispielsweise Mandarin mit einbezogen werden. Eine große Chance sehen wir in bilingualem Unterricht, wo realweltliche Bezüge zu einer Sprache durch Themen hergestellt werden können.

Europa ist nicht nur ein Kontinent, sondern ein Lebensort. Um internationale Freundschaften zu forcieren, wollen wir Schüler*innenaustausche ins europäische, aber auch nicht-europäische Ausland stärken. Als GRÜNE JUGEND Niedersachsen fordern wir vor dem Hintergrund von Chancengerechtigkeit unabhängig von sozialer Herkunft und ökonomischen Ressourcen, dass jede*r Schüler*in mindestens ein Auslandsaufenthalt während der Schulzeit ermöglicht wird. Hierfür müssen die Schulen die Schüler*innen und ihre Familien beraten.

 

Kritik ausdrücklich erwünscht

 

Schule soll Kinder und Jugendliche zum kritischen Umgang mit bestehenden (Macht-)Strukturen befähigen und ermutigen. Aus heutiger Sicht wäre das die Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus, dem Patriarchat, Geschlechterrollen, Organisationstheorien und der eurozentristischen Perspektive. Dazu gehört beispielsweise auch, im Themenbereich Geschichte den deutschen und europäischen Kolonialismus, sowie die sozialen und ökonomischen Strukturen, die aus ihm folgen, und internationale Entwicklungen und Konflikte in der Gegenwart und der Vergangenheit zu thematisieren.

Unterrichtsthemen müssen aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Dies geht nur, wenn bei der Auswahl der Quellen darauf geachtet wird, dass die Autor*innen die Diversität der Gesellschaft abbilden. Die Sichtweise von Frauen*, Inter- und Transpersonen sowie weiteren marginalisierten Gruppen darf nicht ignoriert werden!

Darüber hinaus brauchen wir eine aktive Erinnerungskultur an unseren Schulen: Die Auseinandersetzung mit der Shoah ist unverzichtbarer Bestandteil des Erziehungsauftrags von Schulen. Wir fordern in Ergänzuung zur Behandlung des Themas im Geschichtsunterricht mindestens eine verpflichtende Projektwoche zur Shoah, im Rahmen derer ein freiwilliger Gedenkstättenbesuch durchgeführt wird.

 

Mehr Umwelt fürs Schulklima

 

Klimaschutz und Umweltbewusstsein sind essentiell für das Fortbestehen der Menschheit und vieler Tier- und Pflanzenarten. Nachhaltigkeit muss überall in der Schule sichtbar sein: Vom ökologisch nachhaltigen Schulbau über das Mittagessen, die Lernmaterialien, Unterrichtsinhalte und Klassenausflüge: Schule muss gleichzeitig nachhaltig gedacht sein und Nachhaltigkeit lehren. Die Schule ist ein gut geeigneter Ort, um Schüler*innen sowohl zur Auseinandersetzung mit den politischen Komponenten einer nachhaltigen Politik als auch zur Reflexion der ökologischen Folgen des eigenen Handels anzuregen. Die Möglichkeiten von Arbeitsgruppen, über Projektwochen und Exkursionen sind groß! Jede Schule soll partizipativ einen Nachhaltigkeitsplan erarbeiten: Dieser soll sowohl vorgeben, wie die Schule selbst ihren ökologischen Fußabdruck verbessern kann, als auch welche Möglichkeiten und Lehrformate genutzt werden, um den Schüler*innen die Auseinandersetzung mit den Themen Klimawandel, Umweltschutz, Ressorurcenknappheit, etc. zu ermöglichen. Der Schutz unseres Planeten darf kein freiwilliges Wohlfühlprojekt am Nachmittag sein, sondern Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) muss integraler Bestandteil von Lernen und Leben in der Schule sein.

 

Schule im Wandel

 

Da sich die Lebens- und Arbeitswelt der Gesellschaft stetig wandelt, muss sich auch das Schulsystem der Zeit anpassen. Um innovative Konzepte zu entwickeln und auszuprobieren, die im flexiblen Gestaltungsrahmen der Schulen nicht umsetzbar sind, stellt das Land den Schulen Gelder zur Verfügung. Die Weiterentwicklung von Schule ist ein fortwährender Prozess, den es demokratisch und unter Einbindung aller an Schule Beteiligen zu gestalten gilt.

 



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